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DRAMA IN EINER LINDEKrähe gnadenlos

Die Taube wehrt sich mit wilden Flügelschlägen

Das noch helle Blattgrün funkelt an nahezu jeder Straßenecke. Ich flaniere durch den Mauerpark und den daran angrenzenden Falkplatz. Die Menschen sonnen sich, essen Eis, picknicken, lachen. Die Baumkronen der Kastanien sind lichtdurchflutet, einzelne Schönwetterwolken schweben unbekümmert am Himmel, die geselligen Spatzen gönnen sich ein Wasserbad in der Nähe des Brunnens und ein gelber Zitronenfalter fliegt verspielt von Blüte zu Blüte. Was für eine Harmonie, was für ein bezaubernder Frühlingstag.

Als ich auf meinem Heimweg vom Falkplatz in die Gaudystraße einbiege, wird der Frühlingszauber unterbrochen. Eine aschgraue Nebelkrähe versucht an die Eier im Nest einer Ringeltaube zu gelangen. Ich bleibe stehen und beobachte das Geschehen. Die Krähe greift immer wieder die Ringeltaube an, die in der Astgabel einer Linde ihre Eier ausbrütet. Die Krähe kommt von oben, von links, von rechts, von unten, pickt mit ihrem pechschwarzen Schnabel nach der Taube und krächzt dabei grauenhaft. Die Taube wehrt sich mit wilden Flügelschlägen. Doch langsam schwinden ihre Kräfte: In den Kampfpausen hält sie verzweifelt Ausschau nach ihrem Partner – aber ihr Partner kommt nicht. Die Nebelkrähe kennt kein Pardon: ihre Attacken werden von Minute zu Minute intensiver. Dann passiert es: Bei einem flügelschlagenden Abwehrversuch fällt der Taube ein Ei aus dem Nest und zerschlägt auf dem Asphalt der Straße.

Die Krähe ist Siegerin, und der Taube, die hoch oben in der Astgabel ihres Nestes auf ihren verbleibenden Eiern sitzt, bleibt jetzt nichts anderes übrig, als die Krähe dabei zu beobachten, wie diese unten auf der Straße genüsslich das Eigelb verspeist. Einsam und hilflos wirkt sie da oben in der Astgabel ihres Nestes. Sie tut mit leid, die Ringeltaube. Welch ein Drama an diesem bezaubernd sonnigen Frühlingstag! ALEM GRABOVAC

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