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Archiv-Artikel

Spezielle Neuheiten auf dem Biomarkt

ÖKOBRANCHE Die Nürnberger Messe präsentiert Bio-Absinth und Müsli to go in Plastikbechern. Die Konsumpsychologin Simnetta Carbonaro warnt die Branche davor, ihre Vergangenheit zu verleugnen

NÜRNBERG taz | Das hatte noch gefehlt im Ökosortiment: Auf der am Mittwoch in Nürnberg eröffneten Messe BioFach preist ein Hersteller den „weltweit ersten Absinth aus 100 Prozent biologischer Herstellung“ an. Zudem gibt es zweifelhafte Errungenschaften wie „Müsli to go“: große Plastikbecher mit Foliendeckel für eine 85-Gramm-Portion und viel Platz für Milch.

Dass die 300 der Messeleitung gemeldeten Neuheiten teils ziemlich speziell sind, bedeutet einerseits, dass schon so gut wie alle wichtigen Lebensmittel in Bioqualität erhältlich sind. Andererseits mangelt es aber an wirklichen Innovationen, mit denen mehr Kunden für Öko gewonnen werden können.

Etwas wirklich Neues gibt es in der Sonderschau „Organic + Fair“ der weltgrößten Messe für Bioprodukte. Dort finden sich zwar auch die altbekannten Produkte, etwa Biokaffee aus Entwicklungsländern wie Äthiopien, für den die Erzeuger über einen längeren Zeitraum relativ hohe Mindestpreise garantiert bekommen. Dazwischen stehen aber auch Milch und Butter einer deutschen Firma. Die Produkte der Milchwerke Berchtesgadener Land tragen das grüne Logo des Bio-Bauernverbands Naturland kombiniert mit dem Wort „Fair“. Das Siegel verbindet die Zertifizierung für Öko mit der für gerechte Handelsbedingungen. Und das auch für Betriebe in Deutschland. Auch wegen dieser ethischen Komponente sieht der internationale Ökodachverband Ifoam Chancen für die Branche in der globalen Wirtschaftskrise. Viele Menschen würden wegen der Rezession eine neue Politik sowie umweltfreundlichere und sozialere Produkte fordern, sagte Ifoam-Chefin Katherine DiMatteo bei der Eröffnungsveranstaltung der BioFach. „Unsere Branche ist verwurzelt in Werten wie Authentizität, Transparenz, Innovation, Selbstbestimmung und ethischer Landwirtschaft.“ Auch der Staatssekretär im Agrarministerium, Robert Kloos, lobte die Bios. Im Kampf gegen Hunger „spricht einiges dafür, die Anwendung ökologischer Anbauverfahren in den Regionen zu verbreiten“, erklärte er.

Die Konsumpsychologin Simnetta Carbonaro warnte die Branche jedoch vor einem Fehler: „Bio orientiert sich heute an den üblichen Lifestyles und scheint seine Vergangenheit leugnen zu wollen. Damit hat Bio seine Einzigartigkeit verloren.“ Sie plädierte deshalb für sehr kleine Erzeugerbetriebe, die vor allem für ihre Regionen produzieren. JOST MAURIN

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