: Nichts außer Schwäbisch
Stuttgarter Regierungschef fordert Deutschpflicht auf dem Schulhof und verteidigt Einbürgerungstest. Neuer Streit um obligatorische Staatsbürgerkurse in Niedersachsen
BERLIN taz/ap/dpa ■ Die baden-württembergische CDU/FDP-Landesregierung hat angekündigt, Deutsch generell als einzig erlaubte Sprache in Schulen durchsetzen zu wollen. Entsprechende Möglichkeiten sollen erörtert werden, kündigte Ministerpräsident Günther Oettinger gestern im Stuttgarter Landtag an. Gerade Gespräche zwischen Schülern spielten eine wichtige Rolle beim Sprachenlernen, argumentiert Oettinger. „Die Minderheiten müssen bereit sein, die Grundwerte der Mehrheitsgesellschaft zu akzeptieren“, sagte er in seiner Regierungserklärung. „Das setzt eine gemeinsame Sprache voraus.“ Das Beispiel einer Schule im Berliner Stadtbezirk Wedding, nur noch die deutsche Sprache zuzulassen, sei grundsätzlich sehr interessant.
Der Ministerpräsident machte in seiner Regierungserklärung zum Thema Integration noch einmal deutlich, dass Baden-Württemberg an dem Gesprächsleitfaden für die Einbürgerung von Zuwanderern festhalten wird. Der umstrittene Leitfaden für die 44 Einbürgerungsbehörden im Land ist seit Jahresbeginn in Kraft. Der Katalog mit 30 Fragen zielt vor allem auf Muslime, die die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen. Mit seiner Hilfe sollen die Einbürgerungsbehörden die Haltung zum Gewaltmonopol des Staates, zur Rolle der Frau und zur Toleranz gegenüber Minderheiten erfragen. Allein die Stadt Heidelberg will den Katalog bisher nicht anwenden. „Kein Zuwanderer wird bei uns gezwungen, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen“, argumentierte Oettinger gestern. Allerdings signalisierte der Ministerpräsident auch seine Bereitschaft zur Verbesserung des Fragebogens.
Niedersachsen möchte anstelle des baden-württembergischen Gesprächsleitfadens bundeseinheitliche Kriterien bei allen Ausländern, die die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) schlug vor, dass Einbürgerungswillige einen Informationskurs etwa an Abendschulen absolvieren müssen, in denen die Grundkenntnisse des deutschen Staates vermittelt werden. „Wer Deutscher werden will, sollte die Verfassung kennen“, so Schünemann. Der Lehrgang solle mit einem Test enden. „Es hat mehr Sinn, Werte zu vermitteln, als Fragen zu stellen“, sagte er. Was geschieht, wenn man durchfällt, ließ er offen.
Schünemann bekam Unterstützung vom stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach. „Ein Kurs in Staatsbürgerkunde ist sinnvoll, weil er der Kenntnis und der Wertevermittlung gleichermaßen dient“, sagte Bosbach. Interessiert an den Vorschlägen zeigten sich auch die Innenminister von Hessen und Bayern. Die Vorschläge sind Teil eines Zehnpunkteplans zur Integration von Ausländern, der auf der Konferenz der Unions-Innenminister beraten werden soll.
Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) sprach sich gegen die Einführung obligatorischer Staatsbürgerkurse aus. „Wir wollen Menschen aus anderen Ländern und Kulturen in unsere Gesellschaft integrieren, aber nicht deutscher machen als Deutsche“, sagte Stegner. „Kein Vorschlag kann abwegig genug sein, um nicht zumindest vom niedersächsischen Innenminister verbreitet zu werden.“ Er erinnerte an Schünemanns Vorschlag, Ausländer müssten bei der Einbürgerung einen Eid auf die deutsche Verfassung ablegen. „Wir wollen Ausländer integrieren, nicht verbeamten.“ CIGDEM AKYOL
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