: Erdogans Dialog mit den Demonstranten
TÜRKEI Ministerpräsident Erdogan verkündet das „Ende der Toleranz“. Polizei räumt mit Wasserwerfern den Taksim-Platz in Istanbul. Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung kritisiert die Polizeigewalt
ISTANBUL/BERLIN dpa/ap/taz | Mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen hat die türkische Polizei in Istanbul am Dienstag den von Demonstranten besetzten Taksim-Platz gewaltsam geräumt. Hunderte Polizisten in Schutzausrüstung waren im Einsatz. Bulldozer schoben Barrikaden beiseite.
Zehntausende Demonstranten flüchteten in den benachbarten Gezi-Park, wo die überwiegend friedlichen Proteste vor knapp zwei Wochen begonnen hatten. Die Polizei feuerte mehrfach Tränengas bis in den Park. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe hatte die Polizei den Park auf drei Seiten umzingelt.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan drohte derweil den Demonstranten mit strenger Strafverfolgung, wenn sie ihre Massenproteste nicht unverzüglich beenden. „Ab sofort haben wir keine Toleranz mehr für sie“, sagte Erdogan im Parlament in Ankara. „Wir werden die Aktionen nicht nur beenden, sondern auch sämtliche Provokateure und Terroristen verfolgen. Keiner wird davonkommen.“
Die Protestbewegung will sich dem Einsatz der Polizei nicht beugen. Die Taksim-Plattform, die zu den Organisatoren der Proteste gehört, rief schon für Dienstagabend zu einer Kundgebung in den Gezi-Park auf.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, äußerte sich besorgt. „Mir macht das große Sorgen, wenn ich den Einsatz der Wasserwerfer und der großen Maschinen sehe“, sagte der FDP-Politiker. Auf keinen Fall dürfe „Gewalt gegen Menschen“ eingesetzt werden. Die Verantwortung dafür liege „bei denjenigen, die politisch das Sagen haben“. Löning forderte Erdogan auf, das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu wahren. „Wir appellieren an die türkische Regierung, die Rechte ihrer Bürger zu respektieren.“
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