press-schlag : Klöppeln der neuen Doppelspitze
Im Deutschen Fußball-Bund geht der Trend zum Zweitfunktionär – wie die Personalie Bernhard Peters zeigt
Das Krisenmanagement des Deutschen Fußball-Bundes ist exzellent. Das war schon immer so. Unter dem Einfluss geschickter Schlichter löst sich jedes Problem auf wie Substanz in Salzsäure. Als es seinerzeit eine Attacke gegen den Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder gab, wurde dieser nicht etwa vom Sockel gestoßen, nein, man stellte ihm einen Zweitpräsidenten zur Seite, den früheren Verwaltungsrichter und Kicker des TSV Altendiez Theo Zwanziger. Der DFB wird seitdem von einem kongenialen Duo geführt, geübt in cleverer Aufgabenteilung. Der eine agiert im Hintergrund, so subtil, dass er aus dem Blick der Öffentlichkeit zu verschwinden droht. Der andere gibt dezent die Richtung vor. Nach der Weltmeisterschaft darf er das wahrscheinlich eigenverantwortlich, weil der Co komplett von der Bildfläche verschwunden ist.
Das präsidiale Fifty-fifty hat sich bis dato so gut bewährt, dass der DFB wieder eine Stelle mit scharfer Klinge teilen will. Gelobt sei der Kompromiss, gepriesen der Weitblick der Gerontokraten unseres Fußball-Fachverbandes. Sie wissen umzugehen mit diesem Enfant terrible, das zugleich Bundestrainer ist und den ehrwürdigen DFB ein wenig piesackt – bevor er ihn nach dem Gewinn des Weltmeistertitels im Sommer in freundlicher Übernahme schlucken wird. Jürgen Klinsmann hat den älteren Herren ja bereits so manchen Quereinsteiger ins Haus geholt, Fitnesstrainer aus den USA, Sichter aus der Schweiz, Psychologen und Ernährungsberater aus dem eigenen Land.
„Auseinander nehmen“ wollte er „den ganzen Laden“ ja von Anfang an, was die Verbandsoberen zu verharmlosen wussten – nach dem Motto: Der Bursche wird sich schon die Hörner abstoßen; der rennt ein, zwei Mal gegen eine Wand, und dann wird er nicht mehr stürmen und drängen. Weit gefehlt. Klinsmann programmiert nach wie vor sein System wie der Nerd seinen Computer, ganz so, als habe es nie Widerstände und Widerworte gegeben. Er zeigt sich reformeifrig. Eine gewisse Halsstarrigkeit und Unerschrockenheit hilft ihm dabei. Kurzum: Der Mann hat keine Angst, die so oft zitierten „Verkrustungen“ aufzubrechen und sein Programm – me, myself and I – durchzuziehen, nicht ohne Charme. Helfen dürfen Hintersassen, die sich passgenau in das System Klinsi fügen. Derzeit geht es um den Posten des Masterminds, neben Klinsmann natürlich, um einen „Chefideologen“, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Es geht um Bernhard Peters. Den Hockeytrainer. Noch einmal: Der Hockeytrainer Bernhard Peters soll im Fußballverband den Posten des technischen Direktors beziehen. Ein Artfremder, Quereinsteiger, ein Unbeleckter. Einer, dem der Stallgeruch fehlt. Aber ist das überhaupt von Belang? Im inner circle Klinsmanns hat es noch nie nach Fußballkneipe, Rasierwasser und Männerschweiß gerochen, hier schnuppert es eher nach dem neuen Duftwässerchen von Issey Miyake.
Die Reaktionen auf Peters waren sehr vorhersehbar. Berti Vogts sprach von einem „Karnevalsscherz“, Jürgen Kohler fand das eine „Schnapsidee“; Peter Neururer ulkte: „Ich kenn’ noch einen Volleyballtrainer.“ Die Bild-Zeitung schloss sich diesem Niveau an und fühlte sich berufen, einen „Arschbomben-Bundestrainer“ als heißen Anwärter auf weitere Pöstchen in Klinsmanns Trupp der Neuerer vorzustellen. Weil der Bundestrainer die Gegenoffensive kommen sah, schritt er selbst forsch zur Tat und lobte seinen Hockeytrainer vor etwa 300 Journalisten während des „DFB-Medienworkshops“. Nichts anderes hatte er den Fußballschreibern, potenziellen Multiplikatoren, in Frankfurt am Main mitzuteilen. Klinsmann: „Er ist eine Person, die uns unheimlich viel geben kann.“ Er garantiere eine „Leistungsverbesserung in jedem Sektor“. Er, Peters „würde uns sicher noch besser aufstellen“. Der Pressesprecher des DFB, Harald Stenger, hatte Mühe, den Eindruck zu verwischen, Peters sei bereits berufen. Das ist nicht der Fall. Das DFB-Präsidium wird erst am kommenden Mittwoch darüber befinden. Nicht nur über Peters. Auch über Matthias Sammer, der von den Präsidialen mit ins Rennen geschickt wurde, damit es nicht so aussieht, als seien die Altvorderen übergangen worden. Sammer und Peters – diese Doppelspitze wird also geschärft. Zwanziger, selbst Teil einer solchen Schnittmenge, sagt derweil salomonisch: „Wenn man das Anforderungsprofil nicht zu 100 Prozent erfüllen kann, dann muss man eben über zwei Personen nachdenken.“
Um des lieben Friedens willen soll demnächst ein Verdikt des DFB-Doppelpräsidiums ergehen. Demnach wird jeder noch so kleine DFB-Apparatschik einen Doppelgänger erhalten. Einen Back-up, wie Jürgen Klinsmann sagen würde. Für ihn soll es freilich eine Ausnahmeregelung geben.
MARKUS VÖLKER