Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Wie klingt ein Sinfonieorchester in Geiselhaft? Weshalb kennt die polnische Putzfrau Heinrich Heine? Fragen, die am Sonntag die Antidepressionsrevue „Drunter und Drüber“ von Steffen Mensching und Michael Kliefert stellt, mit der das Theater Rudolstadt am Sonntag in einem theatralen Überfall aus der Provinz die Bühne des Maxim Gorki Theaters entert. Und mit Hilfe von Heines „Wintermärchen“ noch mal deftig gegen die Wende- und Deutschlandfeiern unterm Pleitegeier des langsam vergehenden Winters feuert. Das gutbürgerliche Deutsche Theater blickt mit seinem neuen Kammerspielabend „Beaten“ einmal in die sozialen Abgründe der eigenen Klientel: Drei inzwischen erwachsene Kinder aus guter Familie erinnern sich an die Gewalt, mit der sie aufgewachsen sind. Der junge Regisseur Jan Philipp Gloger inszeniert dieses packende Stück der irischen Dramatikerin Ailís Ní Ríain, das die deutsche Dramatikerin Gerhild Steinbuch übersetzt hat. Und im HAU 2 nimmt die Performance-Formation She She Pop den alten König-Lear-Stoff einmal ganz persönlich und stellt die eigenen Väter zwecks Befragung auf die Bühne. „Testament. Verspätete Vorbereitungen zum Generationswechsel nach Lear“ heißt ihre postdramatische Variation der alten Geschichte vom Vater, der zwecks Verteilung seines Besitzes wissen wollte, welche seiner Töchter ihn am meisten liebt, und dann die Antwort so tragisch wie gründlich falsch verstand. Premiere ist Donnerstag. Und am Donnerstag gibt es auch die nächste Castorf-Premiere an der Volksbühne, die sich auf der Basis von Reinhold Michael Lenz’ Drama „Die Soldaten“ mit der ewig aktuellen Frage befasst, wieso trotz des militärischen Ordnungskodexes bei Soldaten das Bestialische und Triebhafte immer Oberhand gewinnt und damit Krieg letztlich auch in Friedenszeiten herrscht.

■ „Drunter & Drüber“: Maxim Gorki Theater, So., 15 + 19.30 Uhr

■ „Beaten“: Deutsches Theater, ab Fr.

■ „Testament“: HAU 2, Do.–So.

■ „Die Soldaten“: Volksbühne, ab Do.