: Kliniken vor der Wahl
Ver.di will einheitliche Tarifverträge in den sechs NRW-Unikliniken durchsetzen. Ab heute läuft die Urabstimmung über einen Streik. Mit Kliniken werden Notdienstvereinbarungen ausgehandelt
VON DIRK ECKERT
Ab heute geht es an die Urne. In einer Urabstimmung können rund 30.000 Beschäftigte entscheiden, ob an den sechs Unikliniken des Landes gestreikt wird. Ver.di fordert die Beibehaltung der 38,5-Stunden-Woche, 50 Euro mehr Lohn und eine Gleichstellung mit den Kollegen. „Das Personal an den Unikliniken muss genauso bezahlt werden wie an kommunalen Krankenhäusern“, sagte Sylvia Bühler, Fachbereichsleiterin Gesundheit bei Ver.di NRW.
Vor allem aber will die Dienstleistungsgewerkschaft einen einheitlichen Tarifvertrag für die sechs Universitätskliniken in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster. Den gibt es seit 2001 nicht mehr, damals hat das Land die Kliniken in die Selbstständigkeit entlassen. Per Verordnung wurden diese zwar angewiesen, jeweils die Tarifverträge zu übernehmen, die im öffentlichen Dienst des Landes gelten. Aber: „Eine Rechtsverordnung ersetzt keinen Tarifvertrag“, kritisierte Bühler. Bisher weigerten sich die Kliniken, darüber auch nur zu verhandeln. „Uns bleibt jetzt nur der Weg, den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes mit einem Streik durchzusetzen.“
Besonders ärgerlich für die Gewerkschafter: Seit 2003 haben die Länder zentrale Tarifvereinbarungen gekündigt. In NRW-Unikliniken werden seitdem vor allem bei Neueinstellungen neue Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Arbeitsvertrag diktiert: erhöhte Wochenarbeitszeit von 41 Stunden, kein Urlaubsgeld, weniger Weihnachtsgeld. Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist damit ausgehebelt: Mittlerweile arbeiten nach Gewerkschaftsangaben rund 20 Prozent der Beschäftigten unter den für sie ungünstigeren Bedingungen. „Wenn man heute im Pflegedienst einen Ein-Jahres-Vertrag kriegt, kann man sich sehr glücklich schätzen“, beschreibt Alexandra Willer, Personalratsvorsitzende an der Uniklinik Essen, die Lage.
Die schlechtere Entlohnung geht mit mehr Arbeit einher: „Wir müssen Patienten heute in sehr viel kürzerer Zeit gesund pflegen“, sagte Martin Körbel-Landwehr, Vorsitzender des Personalrats an der Uniklinik Düsseldorf. Die Verweildauer der Patienten sei inzwischen von durchschnittlich zehn auf sieben Tage gesunken. Pfleger, Reinigungskräfte, Ärzte – alle klagten über die immer höher werdende Arbeitsbelastung. Die Folge seien zum Beispiel mehr Krankmeldungen und größere Fluktuation beim Personal.
Längere Arbeitszeiten bedeuteten außerdem Entlassungen, fürchten die Gewerkschafter. Wenn die Arbeitszeit aller Beschäftigten im Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen auf 41 Stunden pro Woche erhöht würde, wären 40.000 Arbeitsplätze in Gefahr, rechnet Bühler vor. Die Landesregierung verteidigte die Stundenerhöhung als „Angleichung der Arbeitszeit von Beamten und Angestellten“. 18 Minuten Mehrarbeit am Tag seien „zumutbar“.