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Archiv-Artikel

„Segeln muss nicht teuer sein“

SEGEL-CAMP Der Segelschul-Inhaber Markus Schwarz veranstaltet am Steinhuder Meer Segelkurse für Kinder und Jugendliche. Eltern sind unerwünscht, Handys auch. Dann klappt’s auch mit dem Segelschein

Markus Schwarz

■ 56, war Geschäftsführer von Sozialeinrichtungen und einer Waldorfschule, bevor er seine Berufung im Segeln fand. Heute bildet er Segellehrer aus.

taz: Herr Schwarz, ist bei Ihnen am Steinhuder Meer keine Flut?

Markus Schwarz: Nee, der Wasserstand ist etwa 25 Zentimeter über normal, aber für uns ist das gut. Wir haben ja sowieso kaum Wasser in der Pfütze. Wir hoffen, dass das über den Sommer hält, denn wir haben am Ende so einen Abfluss, aus dem immer eher ein bisschen mehr abgelassen wird, als für uns gut wäre.

Ihr Kinder-Segelcamp kann also stattfinden?

Ja, da müsste schon sehr viel Regen runterkommen, damit das gefährdet wäre.

Wie sieht so ein Camp aus?

Wir bieten drei einwöchige Camps für 25 bis 35 Kinder zwischen fünf und 17 Jahren an. Wir haben eine Wiese direkt an der Wasserkante, auf der wir ein großes Gemeinschaftszelt aufbauen, drumherum die einzelnen Zelte der Kinder. Zehn Meter vom Wasser entfernt. Da erleben wir das Wettergeschehen sehr unmittelbar. Wenn man ein Gewitter mit Blick auf den See sieht, ist das was anderes als zuhause am Fenster. Tagsüber sind wir den ganzen Tag auf dem Wasser, die Kinder bis zwölf Jahren in Optimisten, die größeren auf einer richtigen Jolle.

Wer kocht abends?

Die Betreuer mit den Kindern gemeinsam. Das ist ganz lustig: Manche waschen bei uns zum ersten Mal in ihrem Leben ab, weil es zuhause eine Spülmaschine gibt und die Kinder in der Küche sowieso eher stören. Das ist eine Besonderheit in der heutigen Zeit. Manche Kinder machen bei uns zum ersten Mal die Erfahrung, das sie zu etwas nützlich sind.

Und die Eltern? Können die loslassen?

Wir haben auf dem Gelände striktes Elternverbot. Die geben die Kinder hier ab und dann wollen wir sie eine Woche lang nicht sehen. Und seit ein paar Jahren sind wir auch noch handyfrei. Seitdem gibt es nicht mehr so viele Probleme mit Heimweh. Außerdem sind Handys nicht wassersportkompatibel. Wenn ein Kind mit einem 500-Euro-Handy ankommt und – platsch!, ist es im Wasser, das ist schon ärgerlich. Für den Notfall habe ich aber eins in der Tasche.

Ist den Kindern von heute der kantige Optimist nicht zu schwerfällig?

Es kommt schon vor, dass Kinder besonders ambitioniert sind und gleich auf die Jolle wollen. Die nehme ich dann mal mit und lasse sie mal die Schot halten, und dann merken sie schnell, dass sie noch zu klein sind und ihnen das nötige Gewicht fehlt.

Und beim Optimisten? Wie viel muss man dafür wiegen?

Da gibt es keine untere Grenze. Das können schon die Kleinsten – und ich segele so einen Opti auch noch. Beim Opti setzt die kognitive Entwicklung die Grenze: Die Kinder müssen schon genug Abstraktionsvermögen haben, um etwa Ausweichregeln zu verstehen.

Segeln gilt ja als Reichen-Sport. Was muss man bei Ihnen ausgeben?

Das ist ein Irrglaube, der auch dazu geführt hat, dass ich selbst spät zum Segeln gekommen bin. Segeln im Verein muss nicht teurer sein als Fußball, wenn der Verein eigene Boote hat. Bei uns ist es durch die Kombination aus Camp und Segelausbildung ein bisschen teurer: Zusammen gibt es das ab 310 Euro pro Woche.

Schaffen die Kinder es wirklich, bei Ihnen in einer Woche einen Segel-Schein zu machen?

Ja, wir sind ja von morgens bis abends auf dem Wasser. Was die Kinder da an Stunden auf dem Wasser abkriegen, ist wesentlich mehr als bei einem normalen Segelkurs. Da kann man den Jüngsten-Schein schaffen.

Sind die Kinder enttäuscht, wenn sie merken, dass das Steinhuder Meer kein echtes Meer ist?

Nee, so weit kommen die meist gar nicht: Von uns zum gegenüberliegenden Ufer sind das viereinhalb Kilometer. Wir machen höchstens Ausflüge zur Badeinsel, die nur 500 bis 600 Meter entfernt liegt.

Und Sie haben noch Plätze frei?

Ja, vor allem in der ersten Woche ab dem 15. Juli. Wegen des schlechten Wetters ist das Buchungsgeschehen ein bisschen träge in diesem Jahr. Wir haben ja im April noch Eis auf dem Steinhuder Meer gehabt. Und dann der ganze Regen der letzten Wochen … INTERVIEW: JAN KAHLCKE

Infos: www.segel-camp.org