: Rechtsextremist Zündel wieder vor Gericht
Neuauflage des Verfahrens startet mit lautstarkem Streit zwischen den Wahl- und Pflichtverteidigern des Angeklagten
MANNHEIM taz ■ Vor dem Landgericht Mannheim ist gestern der Mitte November 2005 ausgesetzte Prozess gegen den Hitlerverehrer und Holocaustleugner Ernst Zündel neu aufgerollt worden. Wie schon im geplatzten ersten Verfahren versuchten die drei Wahlverteidiger des 66-Jährigen erneut, den Prozess zu chaotisieren. Gleich fünfmal in drei Stunden musste sich das Gericht unter Vorsitz von Richter Ulrich Meinerzhagen zur Beratung über Befangenheitsanträge gegen die Kammer zurückziehen. Und fünfmal wurden alle Anträge der Verteidigung zurückgewiesen.
Hinzu kam ein von der Staatsanwaltschaft als „nicht nachvollziehbar“ bezeichneter Antrag der Wahlverteidigerin Sylvia Stolz, die ein Zuschauer in einem Zwischenruf als „mutigste Frau Deutschlands“ bezeichnete. Stolz hatte erfolglos beantragt, die beiden Pflichtverteidiger, die nicht der braunen Szene angehören, von der Verteidigerbank zu entfernen und neben den Staatsanwalt zu setzen, „weil sie nicht das Vertrauen des Angeklagten und auch nicht das unsere genießen“.
Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft gegen Stolz ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens von Verstorbenen eingeleitet hat. Während einer Antragsbegründung in der ersten Hauptverhandlung hatte die rechtsextremistische Anwältin minutenlang Zitate aus den Hetzschriften des zum Rechtsradikalismus konvertierten ehemaligen Linksadvokaten Horst Mahler verlesen. Auch wollte Stolz den mit einem Berufsverbot belegten NPD-Anwalt Mahler als Assistenten in das Verfahren hineindrücken. Die Kammer hatte Stolz von ihrem Mandat als Pflichtverteidigerin entbunden. In der neuen Verhandlung ist sie als Wahlverteidigerin dabei.
Gut 20 Polizisten garantierten einen relativ störungsfreien Prozessverlauf. Sie hatten den Auftrag, jeden Zwischenrufer oder Beifallklatscher aus dem Publikum zu entfernen. Braune Parolen wurden nur halblaut gezischelt. Am Nachmittag konnte die Staatsanwaltschaft dann mit der Verlesung der Anklageschrift beginnen. Dem inzwischen in den USA beheimateten und seit gut einem Jahr in Deutschland in Untersuchungshaft sitzenden Zündel werden Delikte wie Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Wort und Schrift vorgeworfen. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT