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Archiv-Artikel

Ein Liberaler für Karlsruhe

Der junge Völkerrechtler Andreas Paulus soll auf Vorschlag der FDP neuer Verfassungsrichter werden. Das wurde am Donnerstag bekannt. Die Wahl wird am 5. März im 12-köpfigen Wahlgremium des Bundestags stattfinden. Andreas Paulus ist seit 2006 Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Uni Göttingen. Zuvor lehrte er in München. Paulus ist erst 41 Jahre alt und hat damit nur knapp die für Verfassungsrichter geltende Altersgrenze von 40 Jahren überschritten. Er ist als Völkerrechtler bereits renommiert. Er hat schon mehrfach Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag vertreten.

Paulus ist für den Ersten Senat des Verfassungsgerichts nominiert. Seine Wahl könnte dort für eine strukturelle linksliberale 5-zu-3-Mehrheit sorgen, wie es sie zuletzt von 1995 bis 2006 in der Amtszeit des Richters Dieter Hömig gab, der ebenfalls von der FDP vorgeschlagen war. Für die Wahl der 16 Verfassungsrichter ist stets eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Normalerweise einigen sich deshalb CDU/CSU und SPD auf ausgewogene Paketlösungen. Diesmal kommt die FDP zum Zuge, weil ihr die Union als Koalitionspartner ein Vorschlagsrecht abgetreten hat. Die Entführung des Deutschlibanesen Khaled El Masri durch den CIA kritisierte Paulus mit deutlichen Worten: „Es gibt auch im Antiterrorkampf kein Sonderrecht für Geheimdienste.“ Den Einsatz der Bundeswehr beim G-8-Gipfel in Heiligendamm stufte er verfassungsrechtlich als „sehr problematisch“ ein.

Als Völkerrechtler ist es Paulus gewohnt, dass rechtliche Vorgaben nur bedingt beachtet werden. „Wir dürfen die Macht des Faktischen und die Macht der amerikanischen Kanonen nicht unterschätzen“, sagte er 2003 zur Situation im Irak. Da wird er am Bundesverfassungsgericht mit dessen hoher Autorität umdenken müssen. Paulus ist ledig und hat keine Kinder. Er ist Mitglied der FDP und saß in seiner Münchner Zeit sogar im Kreisvorstand der Liberalen. Am Bundesverfassungsgericht ersetzt er den ausscheidenden Richter Hans-Jürgen Papier. Dessen Position als Präsident des Gerichts wird allerdings Andreas Voßkuhle, der Vorsitzende des Zweiten Senats, übernehmen.

CHRISTIAN RATH