Tunnel ins Ungewisse

Das Baugrundgutachten für die U4 zur Hafencity geht nicht tief genug, kritisieren GAL und BUND. Sie befürchten hohe Risiken und eine Kostenexplosion. Wegen der Arbeiten muss die U2 in der City zehn Monate lang unterbrochen werden

Von Gernot Knödler

Die neue U-Bahn-Linie 4 in die Hafencity könnte für Hamburg teurer werden als angenommen. Das Baugrundgutachten stützt sich auf lückenhafte Bodenuntersuchungen, was die Kosten schwer kalkulierbar macht. Außerdem muss die Linie U2 wegen der Bauarbeiten in der Innenstadt für zehn oder elf Monate unterbrochen werden.

Die Baugrunduntersuchung stützt sich auf frühere Bohrungen, die in der Nähe der U-Bahn-Trasse niedergebracht wurden, und einige aktuelle Bohrungen im Streckenverlauf. „Die Endteufe der Altaufschlüsse reicht meist nicht bis in die Tiefe des Tunnelquerschnittes“, stellen die Gutachter von den Büros Obermeyer sowie Enders und Dührkop fest. Für die Plangenehmigung sei das ausreichend, nicht aber für die Bauarbeiten. „Für die Ausführungsplanung empfehlen wir zusätzliche Baugrundaufschlüsse“, schreiben die Autoren. An einigen Stellen müsse mit Überraschungen im Boden gerechnet werden.

Dass frühere Bohrungen zu Rate gezogen wurden, die zehn oder 20 Meter neben der Trasse liegen, sei unproblematisch, sagte ein Tunnelfachmann der taz. „Das ist bei allen Tunnelbauten so gemacht worden.“ Bohrungen, die in die Tiefe des künftigen Tunnels reichen, seien allerdings wünschenswert. Die Ingenieure müssen wissen, durch welches Material sich ihr Bohrer fräsen muss. Schwieriger Grund und Findlinge vom Kaliber des „Alten Schweden“, die gesondert beseitigt werden müssen, treiben die Kosten.

Dass die oberen Bodenschichten in Hamburg stark durchwachsen sind, sei bekannt, sagt der Gewährsmann. Es gibt Berge und Täler aus Glimmerton, dazwischen Sand, Torf, Geröll und Schlick. „Die Flüssigkeitsstützung wird mit all diesen Bodenarten fertig“, sagt der Ingenieur. Dieses Verfahren ist beim Bau der vierten Elbtunnelröhre angewandt worden.

Auf den Bau des Autobahntunnels stützt der Ingenieur auch seine Einschätzung, dass es möglich sei, Setzungen vorzubeugen. Die U-Bahn wird nur 4,40 Meter unter den Pfählen entlangfahren, auf denen der Hamburger Hof (Große Bleichen / Ecke Poststraße) ruht. Hier wie anderswo sei damit zu rechnen, dass Gebäude bis zu zwei Zentimeter absacken, warnen die Gutachter. Notfalls empfehlen sie Betoninjektionen in den Boden wie beim Bau der vierten Elbtunnelröhre. Solche Sicherungen treiben aber ebenfalls die Kosten.

Aus Sicht der GAL und des Umweltverbandes BUND reicht die Baugrunduntersuchung nicht aus, um eine Entscheidung für den Bau der U-Bahn zu treffen. Zu groß sei das Risiko, dass die ohnehin schon hoch kalkulierten Kosten explodierten. „Wir gehen davon aus, dass der Planfeststellungsbeschluss auf dieser Grundlage nicht erlassen werden kann“, sagt Manfred Braasch vom BUND. Höhere Kosten würden zudem den Zuschuss des Bundes für den Bau der U-Bahn in Frage stellen. Auch müssten dann andere Varianten, die Hafencity ans Schnellbahnnetz anzuschließen, erneut in Erwägung gezogen werden.

Das gelte besonders wegen der von Mitte 2008 bis Mitte 2009 vorgesehenen Unterbrechung der U2 zwischen Gänsemarkt und Hauptbahnhof-Nord oder Berliner Tor. „Das wäre alles andere als ein chirurgischer Eingriff“, kommentiert der GAL-Abgeordnete Jörg Lühmann.