: Lernen, mit weniger Anzeigen eine gute Zeitung zu machen
RUCH-REPORT Wenn Marktführer mit eleganten Worten kleinlaut werden: Die F.A.Z. redet ganz öffentlich ihre Umsatz- und Anzeigenkrise schön
Das Jahr 2012 war kein gutes für die Zeitungsbranche. Selbst ein Marktführer wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ, sonntags: FAS) meldet im eigenen Blatt (am 11. Juni) einen Verlust von 4,3 Millionen für jenes Jahr. Grund sind vor allem starke Rückgänge im Werbegeschäft, insbesondere bei den Stellenanzeigen.
Wörtlich heißt es im Wirtschaftsteil des Blatts: „Den sinkenden Anzeigenerlösen standen steigende Vertriebserlöse für F.A.Z. und F.A.S. gegenüber.“ Immerhin, so kann man gutgelaunt titeln: „Die F.A.Z. wird weniger abhängig vom Werbemarkt / Verhaltene Geschäftsentwicklung / Aber das neue Modemagazin nimmt der Markt sehr gut auf“. Vermutlich werden auch in der F.A.Z. die Überschriften über den Artikeln nicht von den Autoren selbst getextet.
Denn die Lesart, dass man unabhängiger von Anzeigen wird, je weniger man davon hat, gab es bisher nur in der taz. In der Verlagsbranche galt eher umgekehrt: Je mehr Anzeigen, desto weniger wird man von einzelnen Kunden abhängig. Wie dem auch sei – bei den Modemagazinen mit ihren Glamouranzeigen wird die Frage der Unabhängigkeit gar nicht erst gestellt.
Dass man auch mit viel weniger bezahlten Annoncen eine gute Zeitung machen kann, beweist die taz, seit es sie gibt. Allerdings mit Konsequenzen. Was auf der Erlösseite fehlt, kann auf der Kostenseite nicht ausgegeben werden. Für Druck, Vertrieb, Energie oder Agenturen gelten auch für die taz marktübliche Preise.
Anders bei den Gehältern. Würde die taz bei diesen marktüblich, also nach den geltenden Tarifverträgen der Gewerkschaften, zahlen, könnte sie nicht mehr so viele MitarbeiterInnen beschäftigen, müsste Stellen reduzieren und damit sicher auch ihre publizistische Qualität.
Darf man sich abfinden mit diesem Dilemma? Nur bedingt. Gut ist es, wenn materielle Werte kompensiert werden können, zum Beispiel durch Einfluss auf Unternehmensentwicklungen, aber auch durch „Räume“ zur Verwirklichung anderer Ideale.
In der taz arbeitet man sehr unabhängig. Gerade für den Journalistenberuf ist das ein hoher Wert.
■ Karl-Heinz Ruch, 59, taz-Geschäftsführer, analysiert hier regelmäßig die Zeitungswirtschaft. Er liest gern die F.A.Z.