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Archiv-Artikel

Wiederholung wahrscheinlich

WOHNEN Ein CDU-Politiker steht wegen falscher Angaben bei seinen Sozialwohnungen in der Kritik. Der Fall zeigt den knappen Handlungsspielraum der Argen auf, denn Mietverträge werden nicht kontrolliert

„Viele Mieter haben viel zu viel mit sich selbst zu kämpfen“

SIEGMUND CHYCHLA, MIETERVEREIN

Nachdem bekannt wurde, dass der Hamburger CDU-Politiker Thorsten Kuhlmann die Wohnfläche seiner Sozial-Mietwohnungen falsch angegeben haben soll, hat die Arge Hamburg nun etwa 300 Leistungsbezieher aufgefordert, die Grundfläche ihrer Wohnungen zu überprüfen. „Bislang sind aber erst knapp zehn Antworten gekommen“, sagt Horst Weise von Team Arbeit Hamburg.

Dieser Fall zeigt das Dilemma, in dem sich die Arge befindet: Zwar ist sie für die Finanzierung der etwa 120.000 Sozialwohnungen in Hamburg zuständig, der Mietvertrag wird aber zwischen dem Leistungsbezieher und dem Vermieter abgeschlossen.

„Die Menschen sollen autonom bleiben. Wir sind nur dazu da, zu untersuchen, ob der Mietvertrag angemessen ist“, sagt Weise. Wenn die Leistungsbezieher keinen Zweifel anmelden, habe man keine Möglichkeit, so etwas zu überprüfen. „Unser Kontrollsystem ist der Mietvertrag“, sagt Weise.

Auch in anderen großen Städten im Norden ist die Lage ähnlich. „Wir haben grundsätzlich keine Möglichkeit, auf die Vermieter einwirken zu können“, sagt Birgit Hannemann-Röttgers von der Arge Kiel und eine Sprecherin der Arge Hannover bestätigt: „Wir gehen davon aus, dass die Mietverträge stimmen – es sind ja Dokumente.“ Beiden sind in ihren Zuständigkeitsbereichen keine Fälle von großangelegtem Mietbetrug bekannt. In Hannover kümmert sich die Arge um etwa 120.000 Hilfsempfänger, in Kiel um immerhin 31.600. „Die können wir nicht alle überprüfen“, sagt Hannemann-Röttgers.

Um den Mietern dennoch Hilfestellungen bei Mietbetrugsfällen zu geben, bezahlen die Jobcenter ihren Leistungsbeziehern die Mitgliedschaft im Mieterschutzbund. „Dadurch konnte auch schon erreicht werden, dass Herr Kuhlmann einige Monatsmieten zurückgezahlt hat“, sagt Weise von der Arge Hamburg.

In Hamburg bearbeitet der Mieterverein etwa 600 Fälle für die Arge. „Wir bieten eine einzelfallbezogene Rechtsberatung an“, sagt Siegmund Chychla. Der Fall Kuhlmann sei zwar einzigartig, doch Chychla schätzt, dass etwa zehn Prozent der von der Arge finanzierten Haushalte zu hohe Mieten, Betriebskosten oder Mängel aufweisen. „Doch viele der Mieter haben viel zu viel mit sich selbst zu kämpfen. Die können sich nicht wehren.“ BENJAMIN KNAACK