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Archiv-Artikel

Anflug auf Olympia

Skeleton, Bob und Eishockey – bei den Spielen kämpfen Frauen um Medaillen. Nur im Skispringen nicht. Warum?

BERLIN taz ■ 1,62 Meter Körpergröße, 48 Kilogramm Gewicht, optimaler Bodyindex und viel Talent. Es sind die perfekten Voraussetzungen fürs Skispringen. Wenn man dann mit 15 Jahren eine Weltmeisterschaft gewinnt, sollte man in Deutschland eigentlich bekannt sein wie ein bunter Hund. Ein junger Nachwuchsstar, der im Fernsehen für Schokolade wirbt oder von Werbeplakaten Passanten angrinst.

Juliane Seyfarth, die erste Weltmeisterin im Skispringen, ist ein Star der Frauensprungszene und so bekannt, dass die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in sieben von acht Meldungen ihren Namen falsch geschrieben hat: Seyfahrt statt Seyfarth. „An so was habe ich mich mittlerweile gewöhnt“, sagt sie. „Sie haben sogar einmal auf einer deutschen Meisterschaft meine Siegerurkunde falsch beschriftet.“

Während bei den Männern die Vierschanzentournee und die Olympiawettkämpfe Millionen vor die Fernseher und Tausende zu den Wettkampfstätten locken, kämpfen die Frauen um Gleichberechtigung auf der Schanze. Professionelles Frauen-Skispringen steckt noch in den Kinderschuhen, im wahrsten Sinne des Wortes. Am 5. Februar fand im slowenischen Kranj die erste Weltmeisterschaft statt, vorerst nur für die Juniorinnen, um das Teilnehmerfeld behutsam von unten aufzubauen.

Paul Ganzenhuber, Präsident des österreichischen Skiverbands und Mitglied im Sprungkomitee des Internationalen Skiverbands (Fis), war als Beobachter bei dem Springen. „Der Eindruck war sehr zufrieden stellend“, sagt Ganzenhuber. Das gute Niveau bei den Mädchen lasse für die Zukunft einiges erwarten. Der nächste Schritt wird eine WM der Frauen sein. Wenn es auch dort ein stabiles Teilnehmerfeld mit hoher Leistungsdichte gibt, sollen die Frauen bei Olympia starten dürfen. „2010 halte ich für etwas zu früh, 2014 für sehr wahrscheinlich“, sagt Ganzenhuber.

Eine Skispringerin stand bei Olympia bereits auf der Schanze. Eva Ganster, eine Pionierin der Sportart, war 1994 in Lillehammer Vorspringerin. Die heute 27-jährige Österreicherin hielt mit 167 Metern bis 2003 den Weltrekord der Frauen und sprang 1997 als Erste von einer Flugschanze. Im selben Jahr hatte Fis-Präsident Gian Franco Kasper noch abfällig behauptet, bei der Landung zerreiße es einer Frau die Gebärmutter. „Totaler Blödsinn. Der Landedruck ist nicht größer, als wenn man von einem Sessel springt“, sagt Ganster. Sie hat im letzten Jahr ihre Karriere beendet: „Vom Skispringen kann man im Moment als Frau nicht leben.“

„Viele Springerinnen müssen aus finanziellen Gründen aufhören“, sagt auch Daniel Vogler, der Trainer der Frauennationalmannschaft, für die Juliane Seyfarth springt. „Es ist wichtig, dass Frauenskispringen olympisch wird, damit es staatlich gefördert wird.“ Vogler befürwortet den Aufbau von der Basis. „Man kann nicht von oben her bei Olympia anfangen.“

An diesem Wochenende findet im niederbayrischen Rastbüchl an der Grenze zu Österreich und Tschechien das vierte und entscheidende Springen des Fis-Ladies-Grand-Prix statt. Diese Tour, die in den Ladies-Continentalcup eingebettet ist, ist die Vierschanzentournee der Frauen. Die deutsche Mannschaft ist mit einem starken Team am Start. Juliane Seyfarth ist in der Gesamtwertung Dritte und darf sich Hoffnungen auf einen Sieg in Rastbüchl machen. „Die Schanze liegt Juliane. In Rastbüchl sind wir wieder vorne mit dabei“, sagt Trainer Vogler. Das gilt auch für die Zukunft: „Wir haben die jüngste Mannschaft und sehr gute Perspektiven.“

Die Fis hat das Potenzial bei den Frauen erkannt und fördert die Sportart. Trotzdem wird in Rastbüchl nur ein DSV-Offizieller dabei sein. Trainer Daniel Vogler ist der Einzige, der nicht in Turin weilt. CHRISTIAN MEYER