ZURÜCK AUS GOA
: Karma und Husten

Drauf geschissen, ich habe es satt

„Würfelhusten!“, plärre ich ins Telefon und gebe damit zu verstehen, dass mir gerade der Mageninhalt in die Speiseröhre schießt. Also bitte keinen Besuch mehr für heute! Den Brechreiz habe ich mir auch nicht an der Theke erarbeitet, sondern auf einer soeben beendeten Reise durch Goa.

Drauf geschissen, ich habe es satt, allein in der Wohnung zu sitzen. Also das Bett verlassen und aus dem Haus geschlurft. Die Schlange im Supermarkt ist mal wieder utopisch lang, und während ich schnaufend auf meine Abfertigung warte schallt es aus allzu naher Ferne: „Im Solarium eingeschlafen?“

Es ist der Kassierer von Kasse 2, der aus unerfindlichen Gründen eine Vertrautheit an den Tag legt, die mir gewaltig auf den Keks geht. Schließlich kaufe ich gerade mal sechs Jahre hier ein. „Wahre Bräune kommt von innen!“, kommentiert ein Azubi, beide lachen, also erkläre ich: Vier Monate Indien, viel Sonne, jetzt Magenvirus.

Die mit mir in der Schlange Wartenden gucken mich mit einer Mischung aus Abscheu und Neid an, als würden sie einem buckligen Zwerg dabei zusehen, wie er Geldscheine scheißt. Ablehnung pur.

Es trifft mich wie der Blitz und ich erkenne, warum ich nicht in diese Schlange gehöre, hier gar nicht stehen darf, geschweige denn husten: Auf dem Flughafen von Bombay mussten sich die Passagiere in eine lange Reihe stellen, um sich von einer Wärmekamera auf Schweinegrippe abtasten zu lassen. Direkt vor mir wurde ein alter Mann herausgezogen und unwirsch in einen anderen Raum verfrachtet, seine Proteste verhallten.

Bilder aus Filmen, in denen Geheimpolizeiverhöre vorkommen, schossen mir durch den Kopf. Doch ich kam zu dem Schluss, dass es rechtens war, schließlich war der Mann eventuell schwer krank.

Und das hier war die korrekte Maßnahme für dieses Vergehen. Diese Inder und ihr verdammtes Karma. JURI STERNBURG