Karnevalisten nörgeln sich durch Mitte

Am Sonntag trötet der Karnevalsumzug durch die Innenstadt. Die Veranstalter rechnen mit einer Million Zuschauer und beschweren sich über fehlende Förderung, zu wenig Alkohol und unzureichende Toiletten. Berlin ist eben nicht Köln

Kölle Alaaf, Mainz Helau und Berlin Heijo! Olé, olé, olé – ja den Karneval, den gibt’s auch an der Spree. Am kommenden Sonntag lassen die Berliner Jecken zum sechsten Mal den Bären tanzen. Zu ihrem Umzug durch Mitte kommen rund 100 Vereine, davon 35 aus Berlin und Brandenburg. Rund 4.000 Teilnehmer haben sich angemeldet – 500 mehr als im Vorjahr. Die Veranstalter rechnen mit etwa einer Million Zuschauer. „Als wir vor sechs Jahren angefangen haben, hat man uns noch für verrückt erklärt“, sagte gestern der Vorsitzende von Karnevalszug Berlin e.V., Harald Grunert. „Inzwischen kommen jedes Jahr 200.000 Schaulustige mehr.“

Los geht es um 11.30 Uhr am Potsdamer Platz. Von dort rollen 60 von Musikzügen begleitete Festwagen über die Leipziger Straße und Gendarmenmarkt zum Schlossplatz. Hier feiern die Narren dann bis zum Abend ihre Karnevalsparty. Der Umzug sei ein richtiges Familienfest, meint Grunert. Ein Viertel der Zuschauer seien Kinder. Da dürfen ausreichend Kamelle nicht fehlen: So werden auf der Strecke 60 Tonnen Bonbons, Blumensträuße und Spielsachen auf das jecke Publikum niederprasseln. Aufräumen müssen das Ganze später die Straßenkehrer der BSR.

Doch während die Karnevalisten im Rheinland gute Laune verbreiten, geben sich ihre Berliner Kollegen beleidigt. Oberjeck Grunert bedauert, dass dieses „Open-Air-Highlight“ im Gegensatz zu anderen Großveranstaltungen wie zum Beispiel der Karneval der Kulturen nicht mit öffentlichem Geld gefördert wird. Schließlich würden nicht nur die Karnevalisten von dem Straßenfest profitieren. „In einer Zeit, in der sonst draußen nichts stattfindet, kurbeln wir den Tourismus an“, argumentiert Grunert.

70.000 Euro kostet das Spektakel. Für eine perfekte Organisation anscheinend nicht genug. So gebe es zu wenig Toiletten, räumte Grunert ein. Man sollte sich also rechtzeitig auf den Weg machen. Ähnlich ist es bei der Getränkeversorgung. „Für starke Alkoholiker wird das Angebot nicht reichen.“ Es gebe zwar ein Catering. Allerdings habe der Bezirk Mitte nur eine begrenzte Anzahl von Ständen zugelassen, sagte Vereinsschatzmeister Martin Hortig. Für das außerkulinarische leibliche Wohl sorgen laut Veranstalter 200 Polizisten und 400 Sicherheitsleute.

Zudem gibt sich der Karneval sozial. Bevor sie am Sonntag den Umzug krönen, bringen Prinz Eckart I. und Prinzessin Inge I. die Vorfreude in Krankenhäuser und Altenheime. Etabliert hat sich der Karneval in der Stadt dennoch nicht. So gibt es in ganz Berlin nur fünf Karnevalskneipen, beklagt Grunert. Einen Standortvorteil gegenüber dem rheinischen Vorbild verbucht er aber doch für sich: „Unsere breiten Straßen, auf denen die Zuschauer in Zehnerreihen stehen können.“ Dafür sei es in Köln zu eng. SANDRA COURANT