: Mit 8,50 Euro Stundenlohn die Wirtschaft ankurbeln
MINDESTLOHN 19 Milliarden Euro mehr könnten pro Jahr in den Binnenkonsum fließen, sagt eine Studie
BERLIN taz | Ein flächendeckender Mindestlohn würde die Wirtschaft stärker als bisher vermutet ankurbeln. Bekäme in Deutschland kein Beschäftigter weniger als 8,50 Euro brutto in der Stunde, würde dies zu Kaufkraftsteigerungen von rund 19 Milliarden Euro jährlich führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Pestel-Instituts im Auftrag der Gewerkschaften Ver.di und Nahrung-Genuss-Gaststätten, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.
Die Effekte für den Binnenmarkt – Niedrigverdiener verkonsumieren den größten Teil ihres Einkommens – fallen damit größer aus, als 2011 die Schweizer Prognos AG für die Friedrich-Ebert-Stiftung errechnet hatte. „Das liegt vor allem daran, dass die Zahl der Minijobber dort unterschätzt wurde“, sagte Matthias Günther vom Pestel-Institut. So würden laut Günther insgesamt rund 9 Millionen Beschäftigte von der Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro profitieren – und nicht nur rund 5 Millionen Personen, wie Prognos berechnet hatte. Die Schweizer kamen auf einen Zuwachs von rund 14 Milliarden Euro jährlich bei den Erwerbseinkommen.
Die Unterschätzung erklärt sich aus unterschiedlichen Datensätzen. So zog Prognos ausschließlich Daten der Haushaltsbefragung SOEP heran, das für 2011 4,1 Millionen minijobbende 400-Euro-Kräfte auswies. Rund zwei Drittel von ihnen erhalten weniger als 8,50 Euro Stundenlohn. Günther hingegen nahm auch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Hand. Die wies Mitte 2011 7,4 Millionen Minijobber aus. Er kombinierte die Angaben aus der BA-Statistik mit SOEP-Daten über schlecht entlohnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Diese Kombination sei zwar streng wissenschaftlich nicht zulässig, gab Günther zu. „Aber es geht darum, allgemeine Trends aufzuzeigen.“ Man habe dabei extra konservativ gerechnet, so Günther.
„Wir brauchen einen allgemeinen Mindestlohn. Auch, damit Schluss ist mit einem Geschäftsmodell, das sich vom Steuerzahler subventionieren lässt“, schlussfolgerte Andrea Kocsis, Vizevorsitzende von Ver.di. EVA VÖLPEL
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