: Der Demokrat unter den Trainern
Die nordischen Kombinierer aus Deutschland gewinnen seit fünf Jahren bei jedem Großereignis mindestens zwei Medaillen. Verantwortlich dafür ist auch der Führungsstil von Bundestrainer Hermann Weinbuch, der selbst zweimal Weltmeister war
AUS PRAGELATO ELISABETH SCHLAMMERL
Es hat natürlich mit Glück zu tun, aber auch mit konsequenter Arbeit, wenn die Erfolge zur richtigen Zeit passieren. Bei den nordischen Kombinierern von Bundestrainer Hermann Weinbuch passieren sie seit 2001 immer zur richtigen Zeit. Die Mannschaft hat seither eifrig Medaillen gesammelt – mindestens zwei bei jedem Großereignis. Bei diesen Winterspielen gab es dreimal Edelmetall. In den 90er-Jahren war die Sportart in Deutschland nicht präsent, sie war von der Bildfläche verschwunden, als Hermann Weinbuch nach zwei WM-Titeln seine Karriere beendete. Um bald darauf eine neue zu starten.
Es ist nicht selbstverständlich, dass aus einem glänzenden Athleten auch ein glänzender Trainer wird. Aber ein ehemaliger Star, findet Thomas Pfüller, hätte schon einmal beste Voraussetzungen, findet der Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes, denn „er ist opferbereiter, noch ehrgeiziger“. Aber es geht meistens nicht von heute auf morgen, bis man auf der anderen Seite angekommen ist.
Bei Hermann Weinbuch hat es ein paar Jahre und eine kurze Auszeit gedauert. 1992 hatte Weinbuch, mit erst 32 Jahren, zum ersten Mal das Amt des Bundestrainers übernommen, nicht ganz freiwillig. Er war bedrängt worden, und vielleicht schon deshalb konnte es nicht gut gehen. Es habe ihm damals die Souveränität gefehlt, sagt Weinbuch. Er kümmerte sich ein paar Jahre um den Nachwuchs, ehe er Ende 1996 zurückkehrte. „Erst mit der Erfahrung kann man sich selbst richtig steuern.“
Weinbuch ist aber immer auch ein bisschen Athlet geblieben, und das ist wahrscheinlich eines seiner Erfolgsgeheimnisse. Er bindet auch die Sportler in die Entscheidungen ein – und manchmal beugt er sich sogar deren Meinungen. „Ich bin doch nicht allwissend. Manchmal lasse ich mich überzeugen, und dann bin ich auch davon überzeugt, dass es richtig ist.“ Aber es kommt immer häufiger vor, dass er feststellt, er hätte doch mehr auf seine Intuition hören sollte: „Ich bin deshalb schon wesentlich autoritärer geworden, aber vielleicht muss ich es noch mehr werden.“ Beim Teamwettbewerb vor einer Woche in Pragelato hatte er sich überreden lassen, den schwächsten Läufer auf die Schlussposition zu stellen. Weinbuch selbst hätte eine weniger offensive Aufstellung bevorzugt. Vielleicht wäre die deutsche Mannschaft dann nicht noch eingeholt worden von Österreich und hätte Gold gewonnen. Er verteidigte trotzdem die Entscheidung: „Wir hätten auch anders keine Chance gehabt.“
Der 45 Jahre alte Berchtesgadener behandelt seine Athleten, wie er gerne behandelt worden wäre. Von seinen Trainern hätte er sich einst mehr Flexibilität gewünscht. „Man kann nicht zehn Jahre das gleiche Training machen und man kann auch nicht alle Athleten über einen Kamm scheren.“ Er hat gelernt, sensibel auf die Bedürfnisse der einzigen Teammitglieder zu reagieren. Ronny Ackermann zum Beispiel muss er oft bremsen, „er will manchmal zu viel“. Georg Hettich dagegen wollte eher immer zu wenig. Dieser Spruch von ihm nach dem Gewinn der Goldmedaille über die lange Distanz, „dass er dachte, Olympiasieger würde es nur im Fernsehen geben, sagt doch schon alles“, meint Weinbuch. „Er hat sich nie so weit vorne gesehen.“ Jahrelang habe man schon auf ihn eingeredet, „dass mehr in ihm steckt“. Irgendwann musste er es ja kapieren. Dass dies gerade bei den Olympischen Spielen passierte, Hettich neben Gold im Gundersenwettbewerb und Silber mit der Mannschaft auch noch Bronze im Sprint gewann, hat natürlich mit Glück zu tun, aber auch mit konsequenter Arbeit.