Do it yourself für Do-it-yourselfer

Mit „frei-räume(n)!“ wollte die Initiative Zukunft Bethanien am Wochenende gemeinsam mit den Hausbesetzern im Südflügel des Gebäudes ihren Willen zum Dialog zeigen. Dem soziokulturellen Anliegen fehlt es an Aufmerksamkeit

Wie immer liegt das Bethanien ruhig im abendlichen Dunkel des Mariannenplatzes. Das Rotlicht an den zwei Türmen, das Flugzeugen zur Orientierung dient, lässt den Bau als gestrandetes Raumschiff erscheinen oder als Edgar-Wallace-Film-Mörderschloss. Geht man um die Ecke zum versteckten Eingang des Südflügels, dann sieht es innen aus wie im Soziologieinstitut einer linken Uni. Graffiti, blöde Sprüche, Flugblätter und das obligatorische Rosa-Luxemburg-Plakat begleiten den Besucher durchs Treppenhaus.

Am Samstag hatte die Initiative Zukunft Bethanien (IZB), die gegen die Privatisierung des Gebäudes kämpft, dort zur Informationsveranstaltung „frei-räume(n)!“ in die dort provisorisch errichtete Druzbar geladen. Der Südflügel ist seit Juni 2005 von den ehemaligen Bewohnern der Yorck 59 besetzt. New Yorck nennen sie ihr Zwischenreich, das durch die IZB unterstützt, vom Bezirksamt aber abgelehnt wird, das den Gebäudeteil lieber geräumt sähe. Dazu sitzt ihnen noch ein weiterer, unerwarteter Gegner im Nacken: Das Künstlerhaus Bethanien agitiert gegen das IZB, das den alten Krankenhausbau gern als soziokulturelles Zentrum hätte; das Künstlerhaus aber will das Gebäude als „Standort der Kunst und Künstlerförderung“, und, wie es in einer Presseerklärung heißt, „verwahrt“ sich daher gegenüber den Ansprüchen der IZB.

Die Besetzer waren und bleiben erstaunt. Die Kunstszene, die sich gern kritisch und eher linksliberal gibt, ist gegen sie aufgestanden, da sie um den Ruf des Hauses fürchtet. Die BesetzerInnen und das IZB hatten nun wiederum vorgestern versucht, ihre Vorstellung von gesellschaftlichem Einfluss via Kunst zu präsentieren. Das hatte zuweilen merkwürdige Züge, wenn etwa eine Schautafel zum „Do it yourself“ aufrief, während als Beleg für ebenjenes DIY lediglich Punk- und Riot-Grrl-Bewegung angeführt wurden. Neuere Aktionen oder gar Ideen suchte man vergebens.

Die Filme, die gezeigt wurden und allesamt vom Häuserkampf handelten, waren ebenfalls teilweise von eher historischem Interesse. Die Kämpfe um das Lincoln Center in New York, die zwei Filme von 1968 dokumentierten, waren noch von der allzu einfachen Arm/Reich-Dichotomie geprägt. Der Film über das La Générale in Paris hingegen stammt aus diesem Jahr. Es ist ein von Künstlern besetztes Haus, bei dem die Kunst zwar im Vordergrund steht, zugleich aber, so erklärten es anwesende Aktivisten, sei man auch politisch. Die Pariser Kunstszene habe offenbar ein anderes politisches Verständnis, war die resignierte Schlussfolgerung.

Ein Dialog, der mithilfe dieser Veranstaltung zustande kommen sollte, war nicht herstellbar – die rund fünfzig Besucher der Veranstaltung waren durchweg Linksaktivisten, von Unterstützern des Künstlerhauses war nichts zu sehen. Auch das „Volk“, an das sich soziokulturelle Zentren gemeinhin richten, glänzte durch Abwesenheit.

Die IZB steckt in der Klemme. Ohne viel Budget lässt sich eine Veranstaltung wie diese, die nicht besser oder schlechter war als viele Veranstaltungen, die im Kunstbetrieb zur Stadtsoziologie stattfinden, nicht so aufwändig bewerben, wie es entsprechende Institutionen können. Insofern bleibt das öffentliche Interesse aus. Sie kann daher nichts anderes machen, als sich selbst zu dokumentieren – mit bis zu drei Kameras gleichzeitig hielt man die Diskussionen fest. Für eine Öffentlichkeit to come.

JÖRG SUNDERMEIER