: Behörden verpennen Nazi-Fest im Süden
RECHTSROCK Band aus verbotenem „Blood & Honour“-Netz soll bei Stuttgart spielen. Schaut Polizei weg?
HAMBURG taz | „Faustrecht“ gehört zu den Stars der Szene. Die Band kommt aus dem verbotenen Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ (B&H). Nun will „Faustrecht“ in Mühlacker, knapp 30 Kilometer nordwestlich von Stuttgart, auftreten. Zu Pfingsten plant die Kameradschaft „Stallhaus Germania“ ein Open-Air-Event mit mehreren Bands. In internen Mails wirbt der Organisator Thorsten Glass mit der guten Kooperation mit der Polizei bei früheren Konzerten. „Die Polizei ist hier noch etwas toleranter zu uns“, schreibt er am 7. März.
Zum zehnjährigen Bestehen der Kameradschaft plant Glass auf dem Gelände eines Fliesenlegerbetriebes das Event. Den Betrieb führt ein Kamerad der Truppe. „Alleine schon, weil Faustrecht spielt, dürften mehrere hundert Neonazis kommen, wenn das Konzert entsprechend beworben wird“, sagt die Autonome Antifa Freiburg, die die Vorbereitung bemerkte.
Nicht nur einmal erklärt Glass in den Mails, es sei zu erwarten, dass „unsere Freunde in Grün“ das Konzert „durchgehen“ lassen. An den Sänger von „Angry Boot Boys“, eine der rechtsextremen Bands, die bei dem Festival auftreten soll, schreibt er am 7. März: Vielleicht sei „mit Polizeikontrollen zu rechnen. Aber wir veranstalten jedes Jahr ein Fest und da ging auch immer alles glatt.“ Zuvor hatte er schon erklärt: „Lt. Polizei wollen sie nur Kontrollen machen […] war die letzten Male auch“.
Seit 2000 ist die deutsche „Division“ des internationalen Netzwerks B&H, das Musikbands betreute und Konzerte ausrichtete, verboten. „Faustrecht“ stört es wenig. Per Mail vom 2. Februar bestätigte der Sänger von „Faustrecht“, Norbert Lecheler, den Termin. Ihre CDs ziert das Zahnrad der nationalsozialistischen „Deutschen Arbeitsfront“. Im Song „Damals wie Heute“ intonieren sie getreu dem SS-Wahlspruch: „Treue und Ehre haben wir uns geschworen. Die Flamme des Hasses ist in uns geboren. Für Nationalismus, für den Sozialismus der Tat, führen wir den Kampf gegen diesen Staat.“
Im baden-württembergischen Innenministerium ist das überregionale Pfingstkonzert nicht bekannt gewesen. „Wir habe keine Erkenntnisse zu der Veranstaltung“, sagte eine Ministeriumssprecherin der taz. Dass Absprachen zwischen Konzertveranstaltern und Polizei Rechtsrockevents ermöglichen, bestritt sie. Stephan Braun, Rechtsextremismusexperte der SPD-Landtagsfraktion, sagt, dass die Rechtsrockszene in Baden-Württemberg zu einer „der aktivsten gezählt werden“ müsse. „Ich befürchte, dass die Behörden nicht immer so genau hinschauen“, sagte Braun der taz.
ANDREAS SPEIT