: Streit um Streik bei Schnee und Vogelgrippe
Ver.di fühlt sich von Arbeitgebern provoziert und will Arbeitskampf im öffentlichen Dienst ausweiten. Politiker werfen Gewerkschaften vor, mit ihrem Streik die Schneeräumung auf den Straßen und die Gesundheitsvorsorge zu behindern
BERLIN dpa/afp ■ Im Arbeitskampf des öffentlichen Dienstes will die Gewerkschaft Ver.di den Druck verstärken. Der Verhandlungsführer der Dienstleistungsgewerkschaft, Kurt Martin, erklärte: „Die Streiks werden in der nächsten Woche zunehmen, weil wir uns nicht weiter von den Arbeitgebern provozieren lassen.“
Mehrere Politiker wiederum griffen Ver.di an, weil der Streik angeblich die Vorsorgemaßnahmen gegen die Vogelgrippe und den Winterdienst nach starken Schneefällen behindere.
Auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) schaltete sich in die Diskussion um den öffentlichen Dienst ein und schlug vor, die Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden anzuheben. Zugleich forderte er einen massiven Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Thüringens DGB-Chef Steffen Lemme wies die Äußerungen zurück: „Eine Einmischung in eine laufende Tarifrunde durch bewusst platzierte politische Äußerungen ist geschmacklos und eines Ministerpräsidenten nicht würdig.“ Ver.di-Landesleiter Thomas Voß sagte: „Diese Aussagen sind Wasser auf die Mühlen der Kollegen.“ In Thüringens Landesverwaltung beginnt morgen ein Streik.
In Baden-Württemberg setzten die Städte Stuttgart und Mannheim erstmals private Firmen zur Müllentsorgung ein. Von rund 10.000 Tonnen Haus- und Biomüll, die während des Streiks in Stuttgart liegen geblieben sind, sollten ursprünglich rund 1.400 Tonnen von den Privaten entsorgt werden. Das Vorhaben wurde allerdings von mehr als 100 protestierenden Ver.di-Anhängern vereitelt.
In Mannheim wurde am Sonntag der Einsatz von mehr als 25 Müllfahrzeugen im Vogelgrippe-Sperrbezirk zunächst wegen des Sonntagsfahrverbots für Müllfahrzeuge verhindert. Um die Abfuhr des Mülls hatte es zuvor zwischen Ver.di und Oberbürgermeister Gerhard Widder (SPD) heftigen Streit gegeben. Nach dem Fund einer mit Vogelgrippe infizierten Wildente hatte das Stadtoberhaupt eine Privatfirma beauftragt, um „so schnell wie möglich Gefahrenherde zu beseitigen“. Widder hatte auf Ratten verwiesen, die sich im Sperrbezirk „zunehmend tummeln“ und infizieren könnten.
FDP-Chef Guido Westerwelle kritisierte derweil einzelne Streiks beim Winterdienst. Für 18 Minuten längere Arbeitszeit pro Tag einen Arbeitskampf auszurufen, halte er für falsch, so Westerwelle in der Rhein-Zeitung. Aber die Gefährdung für Leib und Leben in Kauf zu nehmen, indem man bei Wintereinbruch und Schneechaos auf den Straßen den Winterdienst in Frage stelle, sei „unverantwortlich“. Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Hans-Artur Bauckhage (FDP) drohte mit disziplinarischen Konsequenzen.
meinung und diskussion SEITE 11