: Risiko oder Verbrechen
NORDBANK-VERFAHREN
Am Montag wird sich zum ersten Mal ein Angeklagter im HSH-Nordbank-Prozess äußern. Der ehemalige Chef der Bank, Hans Berger, hat angekündigt, eine Erklärung in dem Strafverfahren vor dem Hamburger Landgericht abzugeben. Zusammen mit fünf Vorstandskollegen hatte er Ende 2007 ein Koppelkreditgeschäft unterzeichnet, das der Bank laut Anklage einen Verlust von 158 Millionen Euro bescherte. Berger und seine Kollegen, darunter der damalige Finanzvorstand und spätere Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher, sollen grünes Licht für das Geschäft gegeben haben, obwohl sie dessen Risiko nicht hätten einschätzen können.
Bei dem Verfahren geht es um ein Konstrukt namens „Omega 55“ aus der Zeit vor dem Ausbruch der Finanzkrise. Die teilprivatisierte Landesbank Hamburgs und Schleswig-Holsteins plante damals noch, an die Börse zu gehen. „Omega 55“ sollte dafür die Bilanz aufhübschen.
Das Geschäft bestand aus zwei Teilen: Die HSH Nordbank übertrug ein zwei Milliarden schweres Paket von Immobilienkrediten an die französische Bank BNP Parisbas. Damit verschwand das Risiko dieser Kredite aus ihren Büchern und sie musste dafür kein Eigenkapital vorhalten, was die Bilanz verbessern sollte. Im Gegenzug musste die Nordbank aber das Risiko eines 400 Millionen Euro großen Topfs an Krediten und Wertpapieren übernehmen.
Zumindest auf kurze Sicht war das ein schlechtes Geschäft: Die Posten aus dem 400-Millionen-Topf verloren gleich zu Beginn des Jahres kräftig an Wert. Dabei betonte der Vorsitzende Richter am Landgericht, Marc Tully, beim Prozessauftakt am vergangenen Mittwoch, bei dem Omega-Geschäft seien keineswegs „Ramschmarktpapiere“ im Spiel gewesen: Es habe sich im ersten Paket um bekannte Immobilienpapiere gehandelt und nicht um Bündel miserabel besicherter Kredite, wie sie für den amerikanischen Häusermarkt typisch waren. Im zweiten Paket hätten Kredite und Anleihen von Staaten und großen Unternehmen gesteckt.
Das Gericht wird zu klären haben, ob das Omega-Geschäft nur eine falsche unternehmerische Entscheidung in einem riskanten Umfeld war – oder ob sich die Banker pflichtwidrig verhalten haben, was ihnen den Vorwurf der Untreue eintragen würde. Nonnenmacher und der ehemalige Kapitalmarktvorstand Joachim Friedrich sollen außerdem im ersten Quartalsbericht 2008 den Verlust aus dem Omega-Geschäft verschleiert haben. Untreue wird mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft. KNÖ