: Wo man Töne sehen kann
Beim dritten Fernsehforum für Musik sollen nicht nur die Insider auf ihre Kosten kommen, sondern auch das breite Publikum. Dabei will Katrin Rabus nicht das übliche Lamento übers Fernsehen anstimmen, sondern jenseits der Glotze aktiv werden
Die Idee ihres Festivals, sagt Katrin Rabus, ist ganz schlicht: „Man kann hier Filme sehen, die sonst nirgendwo laufen. Gerade am Wochenende läuft ein Kunst- oder Autorenfilm nach dem anderen.“ Hier – das ist die Galerie Rabus. Dort findet von heute an das dritte internationale Fernsehforum für Musik statt: „The Look of the Sound – Musik im Fernsehen der Zukunft“
Insgesamt 150 Musikfilme hat Rabus gesammelt, von den Anfängen des Fernsehens bis heute. Alle sind sie zu sehen, vier Tage lang, nach freier Wahl. Außerdem kommen rund 60 einschlägige ExpertInnen nach Bremen, Regisseure und Komponisten, Produzenten und Musikwissenschaftler. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) steht auf der Gästeliste, WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf und auch der Altmeister des Musikfilms, Bruno Monsaingeon, darf nicht fehlen, einen neuen Film über Glenn Gould im Gepäck.
Diskussion über Sendezeiten und Sendeplätze, das Lamento, der berühmte „gute Film“ müsse auch mal zur Prime Time laufen – all das hat Rabus in diesem Jahr aus dem Programm gekippt. „Das ist alles kalter Kaffee“, sagt sie. „Das haben wir schon so oft diskutiert“. Und als Mitglied diverser Rundfunkräte weiß sie, wovon sie spricht. „Jetzt muss sich etwas ändern“.
„Neue Wege – neues Publikum“ ist deshalb das Thema des diesjährigen Festivals. „Wie kann man Musik visualisieren“, fragt Rabus, „die ausschließlich zum Hören geschrieben ist?“ Und, noch wichtiger: Wie kann man für diese Genre Film neues Publikum gewinnen?
Ein Beispiel: Die Dokumentation „Rhythm is it“, ein Musikfilm mit Simon Rattle, den Berliner Philharmonikern und 250 SchülerInnen aus 25 Nationen, die Igor Strawinskys „Le sacre de printemps“ einstudieren. Einer der beiden Regisseure, Enrique Sánchez Lansch, sitzt am Freitag ab 16 Uhr auf dem Podium. „Eine rührende Geschichte“, findet Rabus, „fantastisch erzählt“. Und gerade deshalb ein Vorreiter des Musikfilms, ein kommerziell erfolgreicher noch dazu. „Aber es ist der erste Film seiner Art seit Jahren“, sagt Rabus. Einer, der viel angestoßen hat: Jetzt gäben sogar die Banken wieder Geld, „manchmal ist das ganz irrational“.
Auch Videoclips und Trailer im Internet sind ein auf dem Festival ein Thema, beispielsweise am Samstag um 11 Uhr, wenn Regisseur Oliver Becker über dieses Thema spricht. Schließlich setzen gerade Operngroßproduktionen wie „La Traviata“ in Salzburg neuerdings auf solch filmische Mittel. „Eine zeitgemäße Form“, wie Rabus findet – auch oder gerade weil solche Clips oft nur drei Minuten lang sind. Und während man bei Verdi in Salzburg Sängerin Anna Netrebko vermarktet, ist es bei Mozart die Geigerin Anne Sophie Mutter, die heute ab 16 Uhr in einem Film von Bernhard Fleischer zu sehen ist. „Allerdings“, räumt Rabus ein, „erfährt man da mehr über die Musikerin als über den Komponisten“. Der ist dann am Abend noch einmal Thema, wenn die Fernsehsendungen zum 250. Geburtstag Mozarts auf dem Programm stehen.
Aber vielleicht muss man ja auch einfach den Film zum Hörer tragen – ins Konzerthaus. Mit Beamer und Leinwand anstelle eines Orchesters. Eine Konfrontation fürs Bildungsbürgertum, über die man am Samstag mit der Intendantin der Tonhalle Düsseldorf diskutieren kann. Wenn man nicht viel lieber doch nur: fernseh guckt. mnz
Die Tagung findet in der Galerie Rabus, Plantage 13, statt. Der Tagungsbeitrag beträgt 25 Euro, die Tageskarte kostet 10 Euro. Eine Liste aller Filme und das komplette Programm findet sich unter www.fernsehforum-musik.de