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Archiv-Artikel

„Tatsachen verdreht“

PREIS Die „Morgenpost“ bekommt für rassistische Altona-Berichterstattung den „Goldenen Revolver“

Von PS
Florian Kasiske

■ 32, Soziologiestudent, ist Anwohner in Altona und Betreiber der Internet-Seite „Leerstand zu Wohnraum“.

taz: Herr Kasiske, warum verleihen Sie der Hamburger Morgenpost heute den „Goldenen Revolver“?

Florian Kasiske: Weil sie ein Revolverblatt ist.

Wundert Sie das? Es ist immerhin eine Boulevardzeitung.

Es geht nicht ums Wundern. Sondern darum, sich zu empören über die krasse pauschale Hetze gegen migrantische Jugendliche. Und über die rassistische Sprache, in der die Mopo über die Ereignisse in Altona-Altstadt Mitte Juli berichtet hat. Sie hat zum Beispiel behauptet, die migrantischen Jugendlichen hätten die Polizei angegriffen. Dabei wurden sie selbst attackiert. Außerdem hat sie von „Krawallen“ und „Randale an Ramadan“ gesprochen und Tatsachen verdreht.

Welche zum Beispiel?

Sie hat geschrieben, dass die Polizeikontrollen in Altona-Altstadt die Folge von Krawallen der migrantischen Jugendlichen seien. Dabei gab es die Kontrollen schon vorher, das hatte die Mopo selbst vermeldet.

Haben Sie mit der Redaktion gesprochen?

Es hat einzelne Gespräche verschiedener Anwohner gegeben, aber kein systematisches. Das könnte aber vielleicht eine Folge unserer heutigen „Revolver-Übergabe“ vorm Mopo-Redaktionshaus sein.

Wer übergibt den Spielzeugrevolver?

Anwohner wie ich, außerdem Jugendliche und Eltern. Wir sind ungefähr zehn Personen.

Sie haben auf Facebook einen Offenen Brief an die Mopo geschrieben und wollen nicht mehr auf das Internetangebot der Zeitung verlinken. Warum nicht mehr Öffentlichkeit?

Es war eine relativ spontane Aktion. Deshalb haben wir den Brief erstmal auf die Facebook-Seite von „Mietenwahnsinn stoppen“ gestellt, an der einige von uns beteiligt sind. Wir werden der Mopo heute aber einen zweiten Brief übergeben, der dann sicher öffentlicher wird.

Wollen Sie den „Goldenen Revolver“ regelmäßig vergeben – zum Beispiel an die Bild ?

Grundsätzlich wäre es mir lieber, wenn es nicht nötig wäre. Aber ausschließen will ich es nicht, und die Bild wäre eine Möglichkeit. Allerdings lese ich die nicht, weshalb ich keine Details kenne. Und das ist vielleicht ein grundlegender Unterschied: Die Mopo schreibt ja auch oft gut recherchierte Texte und erreicht auch Menschen, die für tolerantes Denken noch nicht ganz verloren sind. Deshalb empöre ich mich da mehr . INTERVIEW: PS

Übergabe des „Goldenen Revolvers“: 11 Uhr, „Hamburger Morgenpost“, Griegstraße 75