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Archiv-Artikel

Alles hat ein Ende, selbst Berlusconis Straffreiheit

DAUERANGEKLAGTER Kein Politiker hat so viele Prozesse ohne rechtskräftige Verurteilung überstanden. Bis zum Donnerstag

Von MB

ROM taz | Seit 1989 ist Silvio Berlusconi treuer Kunde der italienischen Justiz – und kam doch bisher immer straffrei davon. Für ihn selbst, für seine Anhänger sind die bisher gelaufenen Prozesse, die zu keiner einzigen Verurteilung führten, der schlagende Beweis: Der Mann ist Opfer politisch-juristischer Verfolgung.

Ganz so liegen die Dinge nicht. Zweimal profitierte Berlusconi von Amnestien. Sechsmal wurde er tatsächlich freigesprochen, allerdings zweimal auch nur, weil seine Regierungen die Gesetze passend gemacht und das Delikt Bilanzfälschung abgeschafft hatten. Und gleich sechsmal kam er nur wegen Verjährung seiner Taten – Bilanzfälschung, Bestechung, illegaler Parteienfinanzierung – straffrei davon.

Drei Verfahren laufen zudem noch. Im Unterschied zu den Altprozessen, die dem Unternehmer galten, steht in ihnen der Privatmann und Politiker im Mittelpunkt. Da wäre zunächst „Ruby-Gate“. In erster Instanz wurde Berlusconi vor gut einem Monat zu sieben Jahren Haft verurteilt wegen Förderung der Prostitution einer Minderjährigen und wegen Nötigung im Amt. Noch etwa zwei Jahre wird der Weg durch die weiteren Instanzen dauern.

Ein Jahr Haft hat Berlusconi zudem im März 2013 in erster Instanz kassiert. Ihm wurde vorgeworfen, dass er ein illegal erstelltes Abhöraudio erworben hatte, darauf das Telefonat eines linken Spitzenpolitikers mit einem Bankier über eine von der Linken gewünschte Bankenfusion. Berlusconis Medien setzten das Abhörprotokoll im Jahr 2006 im Wahlkampf gegen die Linke ein.

Um Berlusconis politisches Wirken mit unkonventionellen Mitteln geht es auch im dritten laufenden Verfahren. Die Staatsanwaltschaft Neapel ermittelt wegen Bestechung und illegaler Parteienfinanzierung. Als Berlusconi 2006 die Wahlen hauchdünn gegen Romano Prodi verloren hatte, machte er sich – dies der Vorwurf – gleich an die Arbeit. Der auf den Listen der Linken gewählte Senator Sergio De Gregorio wechselte nur wenige Tage nach der Wahl die Seiten und lief zu Berlusconi über; damit schmolz die Mehrheit des Prodi-Lagers im Senat auf nur noch eine Stimme. De Gregorio gestand mittlerweile, er habe von Berlusconi 3 Millionen Euro für seinen überraschenden Gesinnungswandel erhalten. Zudem beschuldigt er Berlusconi, im Januar 2008 mit dem Kauf weiterer Senatoren der Regierung Prodi den endgültigen Todesstoß versetzt zu haben. MB