„Die Politik muss zuhören“

POLITISCHE BILDUNG Die Landeszentrale für politische Bildung bekommt einen neuen Leiter

■ 43, hat an der Uni Bremen studiert, in Geschichte promoviert und arbeitete u. a. als Referatsleiter für Lehre und Studium und damit auch für forschendes Lernen an der Bremer Universität.

taz: Herr Köcher, Sie sind der neue Leiter der Landeszentrale für politische Bildung. Haben Sie schon mal politische Bildung gemacht?

Thomas Köcher: Ja, seit vielen Jahren. Ich habe zuletzt an der Universität Bremen im Bereich Bildungsmanagement gearbeitet, daneben auch 15 Jahre lang für die Bundeszentrale für politische Bildung als externer Mitarbeiter. In Bremen bin ich u. a. Sprecher im Verein „Erinnern für die Zukunft“.

„Politikverdrossenheit“ ist immer ein Thema – kann die Landeszentrale da etwas tun?

Die Diagnose stimmt, man erreicht mit den herkömmlichen Medien und Formaten große Teile der Bevölkerung nicht mehr. Die Frage ist, wie kann ich z. B. neue Medien nutzen. Die Erwartung, das die Bevölkerung das, was die Politik auf die Tagesordnung schreibt, interessieren muss, ist vielleicht auch falsch. Andersherum wird ein Schuh daraus: Die Politik muss lernen, zuzuhören und zu verstehen, welchen Zugang Bürger zu Politik haben. Bürgerbeteiligung zeigt ja ein großes Interesse an Politik.

Ist das Interesse gewachsen?

Heute sind Prozesse viel transparenter als vor 100 oder 200 Jahren. Den meisten Menschen war es damals nicht möglich, sich an politischen Debatten zu beteiligen, weil sie nicht wussten, worum es geht. Die Voraussetzung für politisches Interesse ist die Information.

Die Medien verpacken politische Bildung in Unterhaltung, wenn sie viele Menschen erreichen wollen.

Ich finde es interessant, dass es diesen Weg gibt, aber es gibt auch andere. Ich kann auch gezielt mit Menschen über die Probleme vor Ort, die sie gerade angehen, in die Diskussion kommen. Das meine ich mit Bürgerbeteiligung, dort fangen solche Prozesse an.

Viel politisches Interesse mobilisieren gerade die Debatten über Asylbewerber-Unterkünfte – nicht gerade zum Vergnügen der Verwaltung.

Da geht es nicht um Vergnügen. Das interessiert die Leute vor Ort natürlich. Diese Debatten müssen sehr ernst genommen werden.

Was wird sich an der Arbeit der Landeszentrale unter Ihrer Leitung ändern?

Ich bin erst seit einer Woche da. Ich sehe viele Möglichkeiten, die Arbeit fortzusetzen, natürlich möchte ich dabei schauen, welche Zielgruppen wir erreichen mit den bestehenden Angeboten. Mit Sicherheit wird sich im Bereich der neuen Medien etwas ändern.  INTERVIEW: KAWE

11 Uhr, offizielle Amtseinführung, Osterdeich 6