: Eine fortdauernde Tragödie
MENSCHENRECHTE In Griechenland rebellieren die Menschen in überfüllten Zwangslagern, in Italien ertrinken sechs Bootsflüchtlinge unweit des Strandes, knapp 100 werden gerettet
AUS ATHEN JANNIS PADIMITRIOU
Die griechische Polizei hat gewaltsame Proteste in einem Abschiebelager für illegal eingereiste Flüchtlinge nordöstlich von Athen mit Gewalt beendet. Dabei wurden Dutzende Menschen verletzt. Einige Flüchtlingen konnten aus dem Lager fliehen. Der Gemeindevorsteher im Athener Vorort Acharnes, Sotiris Douros, zeigte Verständnis: „Der Aufstand war doch zu erwarten“, sagte er der Athener Presseagentur, die Einwanderer lebten ja in Elend. Über 1.500 Menschen hausen im spärlichen Lager. Im Sommer erreichen die Temperaturen im Container 50 Grad.
Nach griechischen Medienberichten war den überwiegend aus Pakistan und Afghanistan stammenden Flüchtlingen am Samstag mitgeteilt worden, dass sie nicht, wie ursprünglich vorgesehen, ein Jahr, sondern 18 Monate im Abschiebelager bleiben würden. Zudem seien wegen Wartungsarbeiten der Strom und dadurch auch die Klimaanlagen vorübergehend ausgefallen. Während der Essensausgabe am Samstagabend brach der Aufstand aus. Sämtliche Flüchtlinge setzten ihre Schlafmatratzen in Brand und griffen ihre Aufseher mit Steinen an, einige konnten ausbrechen. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an und dämmte den Aufstand ein, wobei mindestens zehn Ordnungshüter verletzt worden seien.
Kurioserweise diente das Lager ursprünglich der Unterbringung von Polizisten: Das Containerdorf war vor den Olympischen Spielen 2004 im Nordosten Athens errichtet worden, damit Tausende Polizisten aus der Provinz, die während der Spiele im Dauereinsatz waren, vor Ort auch kostenlos übernachten.
In Italien sind am Samstag sechs ägyptische Migranten ertrunken, weil sie nicht schwimmen konnten. Die jungen Männer im Alter von 17 bis 27 Jahren hatten nach Angaben der Behörden vor der Küste das mit insgesamt etwa 100 Migranten übervolle Fischerboot zu erreichen versucht – ihr Boot war nur 15 Meter von der rettenden Küste entfernt auf eine Sandbank aufgelaufen.
Die Überlebenden gaben an, sie stammten aus Ägypten und Syrien. Das beliebte Strandbad wurde wegen des Flüchtlingsdramas für das Wochenende geschlossen. Die Stadt am Ätna rief zur Trauer um die jungen Toten auf. Die Staatsanwaltschaft von Catania ermittelt derweil und sucht die kriminellen Schleuser, die die Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien gebracht haben. Ein Teil der Flüchtlinge hatte das aufgelaufene Fischerboot im Morgengrauen verlassen. Die 94 Überlebenden wurden von der Polizei in den Hafen Catanias gebracht.
Dort herrschte riesiger Touristentrubel. Drei Kreuzfahrtschiffe mit zusammen 12.500 Passagieren hatten festgemacht. Bei Catania erhebt sich der Vulkan Ätna, die Hauptattraktion der Insel Sizilien.