: Regierung verspricht Spionage-Schutz für alle
SPÄHAFFÄRE Die USA wollen nun angeblich doch das deutsche Recht umfassend einhalten
FREIBURG taz | Das geplante No-Spy-Abkommen könnte gehaltvoller werden als erwartet. Es soll auch die hiesige Bevölkerung vor einer Ausspähung durch US-Geheimdienste bewahren, nicht nur Regierungseinrichtungen.
Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Maßnahmenkatalog zur IT-Sicherheit. In diesem Rahmen konkretisierte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auch die Pläne für das angekündigte Anti-Spionage-Abkommen mit den USA. Es soll vier Punkte beinhalten: „Keine Verletzung der jeweiligen nationalen Interessen, keine gegenseitige Spionage, keine wirtschaftsbezogene Ausspähung, keine Verletzung des jeweiligen nationalen Rechts.“
Der letzte Punkt ist der wichtigste. Damit würden sich die USA auch verpflichten, keine „geheimdienstliche Agententätigkeit“ gegen Deutschland auszuüben. Diese Vorschrift im Strafgesetzbuch verbietet nach herrschender Auslegung jedes heimliche Ausspähen von Sachverhalten in Deutschland „für eine fremde Macht“. Darunter fällt etwa Wirtschaftsspionage oder das Ausspähen deutscher Globalisierungsgegner. Wenn die USA in Deutschland gegen illegale Rüstungsexporte oder international tätige Hacker wie die Anonymus-Gruppe vorgehen wollen, müssen sie deutsche Behörden um Rechtshilfe bitten.
Strafbar ist die geheimdienstliche Agententätigkeit sogar, wenn sie im Ausland begangen wird. Die USA würden sich also verpflichten, selbst auf ihrem eigenen Boden auf ein geheimdienstliches Ausspähen von deutschen Aktivitäten zu verzichten. Das ist vor allem relevant, weil viele deutsche Daten bei US-Firmen wie Amazon, Facebook und Google in den USA gespeichert werden. Angeblich handelt es sich hier nicht nur um eine Wunschliste der Bundesregierung. Vielmehr seien die vier Punkte bereits mündlich als „Zusicherungen“ mit der US-Seite verabredet worden, so die Regierung. Das ist insofern bemerkenswert, als bisherige Äußerungen von US-Seite eher punktuell waren. Es wurde eben nicht die Einhaltung des gesamten deutschen Rechts zugesichert, sondern nur von „Abkommen“, die mit dem BND geschlossen wurden, oder nur von bestimmten Gesetzen, „die die Durchführung von Fernmelde- und elektronischer Aufklärung und Bearbeitung in Deutschland regeln“.
Aber vermutlich enthält das endgültige No-Spy-Abkommen dann doch viele Schlupflöcher und die jetzige Ankündigung ist nur Show. Ob der Vertrag überhaupt öffentlich sein wird und der Bundestag zustimmen muss, ist noch völlig unklar. Das Kanzleramt wollte die Frage nicht beantworten. Dass das Abkommen vom BND ausgehandelt wird und nicht von der Regierung, sei bei solchen Verträgen üblich, hieß es. C. RATH, A. GEISLER