Vollautomatische Demontage

Die Verantwortung des Herstellers für die Entsorgung seiner Produkte hat eine wichtige Konsequenz: Nachhaltigkeit spielt schon bei der Entwicklung der Geräte eine große Rolle

BERLIN taz ■ Die Frage ist so verblüffend wie naheliegend. Jeder Elektrohersteller wird sie sich künftig frühzeitig stellen müssen, wenn er für den gesamten Lebensweg seiner Handys, Waschmaschinen, Leuchtstoffröhren oder Medizingeräte verantwortlich ist: Kann ich mir mein Produkt von heute auch morgen noch leisten?

Die Eigenschaften – und damit die Herstellungs- und Entsorgungskosten – des Geräts entscheiden sich bei der Konstruktion und dem Design: Welche Materialien werden verbaut, welche Schadstoffe enthält das Produkt? Wie sind die einzelnen Teile verbunden? Wie langlebig ist das Ganze? „Das Ziel muss sein, Geräte so zu entwickeln, dass sie möglichst keine toxischen Stoffe enthalten, sich unkompliziert recyceln lassen und Energie effizient nutzen“, sagt Eva Leonhardt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

An den Universitäten und Wissenschaftsinstituten wird schon länger an diesem Thema geforscht. Die Technische Universität Berlin etwa hat eine –vollautomatische – Demontagefabrik entwickelt. Hier wird getestet, wie Elektrogeräte beschaffen sein müssen, damit sie möglichst rückstandsfrei von Robotern zerlegt werden können.

Auch im Fraunhofer-Institut arbeitet man an Ecodesign. Ein Ergebnis ist der Oxymat der Hamburger Medizintechnikfirma Weinmann. Das ist ein so genannter Sauerstoffkonzentrator für Emphysemkranke, der Sauerstoff aus der normalen Raumluft herauszieht und dann durch einen Schlauch an den Kranken abgibt.

Das neueste Modell ist aus 125 Teilen zusammengesteckt, die sich fast so einfach wieder auseinander nehmen lassen wie Legosteine. Frühere Modelle hatten 293 Einzelteile. Statt 45 verschiedene Materialien verbauten die Konstrukteure nur noch 15. Interessanter Nebenaspekt: Die Lebensdauer des Gerätes verfünffachte sich.

Es kommt aber nicht von ungefähr, dass die ersten Beispiele aus Nischenbereichen wie der Medizintechnik kommen. Hier gehen die alten Geräte bereits jetzt oft direkt zurück an den Hersteller. Dieser kann die Komponenten wiederverwerten. Das geht aber nur, wenn er seine eigenen Geräte wiederbekommt – und nicht die von Konkurrent XY, der völlig andere Einzelteile konstruiert hat. Dafür gibt es derzeit jedoch keine übergreifende Struktur.

Markus Hornberger vom Fraunhofer-Institut IPA glaubt deshalb auch nicht, dass das ElektroG allein schon zu einem Boom beim Ecodesign führt. Allerdings forscht seine Abteilung bereits an Möglichkeiten, wie die Produkte gezielt an die Hersteller zurückgeschickt werden können.

Eine Vision ist die Kennzeichnung sämtlicher Artikel mit dem elektronischen Barcode RFIN. Die Inhalte von Elektroschrott-Containern könnten dann automatisch gescannt und sortiert werden. Bislang stockt die Entwicklung unter anderem wegen des Geldes: Eine RFIN-Kennung kostet rund 50 Cent. „Das lohnt sich für Elektrokleingeräte und -spielzeuge überhaupt nicht.“ BEATE WILLMS