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Archiv-Artikel

Der Besuch des Bundestrainers

Jürgen Klinsmann hat kaum Fans in Dortmund. Kurz vor dem Länderspiel an gleicher Stelle schaut der Bundestrainer dennoch bei der Partie Borussia Dortmund gegen den 1. FC Kaiserslautern vorbei

AUS DORTMUNDHOLGER PAULER

War er da, der Bundestrainer? Wollte Jürgen Klinsmann schon einmal die Atmosphäre des Westfalenstadions einatmen? Die Partie Borussia Dortmund gegen den 1. FC Kaiserslautern wollte sich der Wahlkalifornier Klinsmann nicht entgehen lassen. Am kommenden Mittwoch trägt die Nationalelf ihr Testspiel gegen die USA in Dortmund aus. Es ist das letzte vor der Weltmeisterschaft auf deutschen Boden. Mit seiner Weigerung, den Dortmunder Kapitän Christian Wörns ins Aufgebot zu holen, hat sich Klinsmann wenig Freunde bei den schwarzgelben Fans gemacht. DFB-Chef Theo Zwanziger suchte unter der Woche sogar das Gespräch mit den Fans vor Ort. Mit Erfolg?

Kurz nach Anpfiff der Partie gegen den 1. FC Kaiserslautern stimmte die Südtribüne aber dennoch das kurze, aber intensive Stakkato „Klinsmann Raus“ an. „Ohne Wörns hat Klinsi keine Chance“ oder „Ohne Klinsi, aber mit Wörns zur WM.“ Mehr an Negativstimmung war während der 90 Minuten nicht zu spüren. Wahrscheinlich lag es an der vermutlich überzeugendsten Heimleistung der gesamten Saison, die in einem viel zu knappen 2:1-Erfolg mündete.

Dass es im Spiel überhaupt spannend wurde, lag auch an: Christian Wörns. Unmittelbar vor der Halbzeit brachte er relativ unnötig den Lauterer Boubacar Sanogo in Nähe des Strafraums zu Fall. Ervin Skela nahm die Einleitung an und verwandelte den folgenden Freistoß zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Leonardo Dede hatte den BVB in der 25. Minute in Führung gebracht. Delron Buckley, David Odonkor und Ebi Smolarek hatten vorher den Abschluss erfolgreich verweigert.

„Ich war der Verzweiflung nahe. Wir hätten Kaiserslautern schon in der ersten Halbzeit abschießen müssen“, sagte Christian Wörns. Schlechtes Gewissen oder Selbstkritik? In den übrigen Szenen behielt Wörns allerdings die Übersicht. Stellungsspiel, Zweikampf, Spieleröffnung: Top. Die Fans wussten die Leistung zu würdigen und feierten den Innenverteidiger mit langen Sprechchören. Der Siegtreffer von Florian Kringe (64.) trug zur Erleichterung bei. Trainer Bert van Marwijk war nachhaltig zufrieden: „Jetzt können wir uns nach oben orientieren.“ Der Abstand zu den Abstiegsplätzen wurde auf zehn Punkte ausgebaut. Der Uefa-Cup ist dagegen nur noch zwei Punkte entfernt.

Als weiterer Gewinner der Partie durfte sich Sebastian Kehl fühlen. Der defensive Mittelfeldmann steht im Aufgebot des DFB. Gegen Kaiserslautern spielte er ordentlich. Am Abend war er noch im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF zu sehen. Er nannte es einen „Fingerzeig“, dass er jetzt wieder im Kader sei. Und das im vermutlich letzten Spiel vor der Bekanntgabe des WM-Kaders. „Das Spiel ist richtungsweisend“, so Kehl. Und Klinsmann habe ihm versichert, dass dies weder etwas mit der Standortfrage zu tun habe, noch sei er ein Alibi für Christian Wörns. Dafür könnte allerdings auch Christoph Metzelder herhalten. Der Abwehrspieler des BVB saß nach zuletzt schwachen Leistungen zum wiederholten Male auf der Bank. Während des Spiels telefonierte er, hinterher wollte er nichts sagen. Wenigstens kann er am Mittwoch auf einen Einsatz hoffen.

Christian Wörns wird dann ebenfalls im Stadion sein. Als Zuschauer. „Ich will das Spiel live sehen“, sagte er am Samstag. Immerhin eine Gemeinsamkeit, die er und Jürgen Klinsmann haben. Ein Großteil der BVB-Fans, das war nach dem Spiel zu hören, wird dem Spiel fern bleiben. Aus Wut und Gewohnheit.