Wer bezahlt die Bürgermeisterkette?

Bürgerschaftsausschüsse beraten „Informationsfreiheitsgesetz“ – Weiter Skepsis in Teilen der Großen Koalition

„Umfassenden Zugang aller Bürger zu allen Behördenakten“ – und zwar ohne rechtliches Interesse nachweisen zu müssen. Das verspricht der Entwurf für das neue „Informationsfreiheitsgesetz“ (IFG) der Großen Koalition. In einer gemeinsamen Sitzung von Medien- und Rechtsausschuss am Freitag wurde der Entwurf abschließend diskutiert. Die CDU-Fraktion kündigte weitere „interne Beratungen“ an.

Kritik an dem Gesetzentwurf kam von den Grünen. Es gebe „erheblich zu viele Einschränkungen“, zudem sollten die Behörden Informationen von sich aus veröffentlichen, so die Grünen-Abgeordnete Anja Stahmann. Ihre Fraktion kündigte an, der Bürgerschaft einen eigenen Entwurf vorlegen zu wollen.

Herbert Kubicek, Informatiker an der Uni Bremen und Sachverständiger des Ausschusses, äußerte sich ähnlich. „90 Prozent aller interessanten Akten entstehen bereits elektronisch – und werden automatisch verschlagwortet“, so der Professor. Es sei ihm unverständlich, weshalb diese nicht standardmäßig ins Internet gestellt würden. Kubicek forderte, das Gesetz solle Behörden zur aktiven Aufbereitung und Veröffentlichung aller Dokumente in einer einzigen Datenbank verpflichten. „Das vereinfacht den Zugriff für die Bürger enorm“.

Moderatere Kritik äußerte der Bremer Datenschutzbeauftragte Sven Holst. „Mit dem Entwurf kann man leben“, meinte er. Allerdings orientiere sich der Entwurf der Großen Koalition am Bundesgesetz, dessen Kompromisscharakter offensichtlich sei. Eine Anlehnung an die – weiter reichenden – Gesetze anderer Bundesländer wäre der Sache dienlicher gewesen, so Holst.

Die Beratungen über das IFG dauern bereits sechs Jahre und waren vorübergehend ausgesetzt worden, um die Erfahrungen anderer Bundesländer abzuwarten. Die Zahl der jährlichen Auskunftsersuchen in jenen Bundesländern, die bereits ein IFG verabschiedet haben, schwanken zwischen 100 und 1.200 Anfragen, so Holst. Ein bis zwei Planstellen seien zur Bewältigung der zusätzlichen Arbeit nötig. In einigen Fällen hätten Auskunftsverweigerungen zu Gerichtsverfahren geführt. So habe die Verwaltung von Dormagen die Nennung von Sponsoren der Amtskette des Bürgermeisters verweigert, im Berliner Rathaus war man nicht bereit, den Terminkalender des Bürgermeisters offen zu legen. cja