„Landesgroßvater“ Böhmer bleibt

Aller Voraussicht nach wird in Sachsen-Anhalt eine Koalition von CDU und SPD regieren

MAGDEBURG taz ■ Die 120 Liter bereitgestellten Sektes bei der Sachsen-Anhalter CDU konnten fließen, auch wenn der Sieg etwas glanzlos ausfiel. Sie hat ihr Wahlergebnis von 2002 in etwa gehalten und bleibt stärkste Partei im Land.

Die Unionsfreunde waren die Einzigen, die wirklich jubelten, denn der Linkspartei nutzt ihr beträchtlicher Stimmenzuwachs wenig. Und wenn SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn nicht noch einen Bocksprung rückwärts in Richtung Linkspartei vollführt, wird der populäre 70-jährige „Landesgroßvater“ Wolfgang Böhmer weitere fünf Jahre Ministerpräsident bleiben. Denn der auf 91 Sitze verkleinerte Landtag wurde erstmals für fünf statt vier Jahre gewählt. „Das Ergebnis spricht eine klare Sprache“ bekräftigte der CDU-Landesvorsitzende Thomas Webel den Regierungsauftrag.

Wie erwartet, wird Böhmer voraussichtlich aber nur weiterregieren können, wenn er den Koalitionspartner wechselt. In den Hochrechnungen fehlten einer fortgesetzten Koalition mit der FDP ein bis zwei Sitze im Landtag. „Ein Land mit solchen Problemen braucht eine stabile Regierung“, bekräftigte Wolfgang Böhmer am Wahlabend seine Absage an knappe Mehrheiten, die er schon im Wahlkampf geäußert hatte. Deshalb dürfte der künftige Koalitionspartner nach allen Beteuerungen im Wahlkampf nun SPD heißen.

Sachsen-Anhalt liegt im Trend großer Koalitionen. Die Liberalen hofften vergeblich auf die blau-gelbe Sonntagsstimmung beim Wähler, die ihnen in Magdeburg vor vier Jahren und zuletzt bei der Bundestagswahl in letzter Minute noch überraschend gute Ergebnisse beschert hatte.

Die Sozialdemokraten erhielten wie schon 2002 einen Dämpfer und fielen erneut hinter die Linkspartei.PDS zurück. Insider im SPD-Landesverband überrascht das Ergebnis nicht. „Dafür habe ich mir nun vier Jahre den Arsch aufgerissen“, kommentierte Parteisprecher Theo Struhkamp bitter. SPD-Spitzenmann Jens Bullerjahn wich trotz eindeutiger Aussagen zugunsten der CDU im Wahlkampf gestern vor den Fernsehkameras einem klaren Koalitionsangebot aus. Denn Linkspartei-Spitzenkandidat Wulf Gallert kündigte bereits an, dass die zweitstärkste Partei in Sachsen-Anhalt auf die SPD zugehen werde. Rechnerisch wäre auch eine rot-rote Regierung mit dem ersten PDS-Ministerpräsidenten Gallert denkbar.

Die Grünen hatten im Landtagsgebäude für den Wahlabend vorsorglich schon einmal ein Zimmer „zum Anwärmen“ besetzt. Schon zur Sandmannzeit aber schloss Sprecherin Claudia Klupsch die Räume wieder zu. Schweigend hatte das halbe Dutzend grüner Anhänger das erneute Scheitern an der 5-Prozent-Hürde zur Kenntnis genommen. Für sie war es nur ein geringer Trost, dass auch die rechtsextreme DVU nicht im Magdeburger Vierparteienlandtag vertreten sein wird. Verloren stand deren Spitzenkandidat Ingmar Knop auf den Gängen des Gebäudes herum.

Bei dieser Wahl blieben Überraschungen aus. Die Wahlbeteiligung war mit etwa 45 Prozent die niedrigste einer bundesdeutschen Landtagswahl. Es war am Sonntagmorgen schon kein gutes Omen, dass zwei Magdeburger Hausmeister erst geweckt werden mussten, damit ihre Wahllokale öffnen konnten.

MICHAEL BARTSCH