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Archiv-Artikel

Böse Überraschung für Vögel

SANIERUNG Wenn Gebäude isoliert werden, verschwinden die Nischen und Einlässe, in denen Vögel und Fledermäuse nisten können. Bauherren brauchen deshalb eine Genehmigung – und müssen Ersatz schaffen

Fast alle Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten

VON JOHANN TISCHEWSKI

Seit ein paar Wochen ist der Frühling da, und mit ihm die ersten Vögel. Doch für einige von ihnen gab es bei ihrer Rückkehr eine böse Überraschung. Im Frühling werden traditionell die meisten Bauvorhaben gestartet, und eine Bautätigkeit liegt, dank staatlicher Förderung, derzeit besonders im Trend: energetisches Sanieren. Meist wird dabei von außen zusätzliches Dämmmaterial an die Fassade angebracht und die Dachisolierung erneuert. Doch Fassaden und Dächer sind auch Wohn- und Nistraum für zahlreiche Vogelarten. Einige von ihnen sind sehr selten geworden.

So zum Beispiel der Mauersegler: Rund 5.400 Brutpaare gibt es noch in Hamburg, Tendenz abnehmend. Die schwarzen Vögel, die im Flug aussehen wie Schwalben, brüten ausschließlich an Gebäuden, meist in mehr als sechs Metern Höhe. Die napfförmigen Nester finden sich in der Regel hinter Regenrinnen, an der Attika und unter Dachziegeln.

„Mauersegler gelten als sehr Standorttreu“, erklärt Bianca Krebs von der Staatlichen Vogelschutzwarte Hamburg. Erstbrüter brüten meist nur in Nestern, die sie schon im Vorjahr besichtigt haben. Werde eine Brutkolonie dieser Vögel zerstört, könne das „eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesamtpopulation“ zur Folge haben.

Ähnliches gilt für Mehlschwalben, von denen es derzeit noch 2.500 Brutpaare in Hamburg gibt. Oder für Haussperlinge, bekannt als Spatzen. Zwar leben noch etwa 29.000 Spatzenpaare in Hamburg. Doch die Population nahm zuletzt so rapide ab, dass sie auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten gelandet sind. Außerdem ist der Bestand von mindestens elf der in Hamburg vorkommenden Fledermausarten durch energetische Sanierungen bedroht. Fast alle Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Da vor allem ältere Gebäude wärmetechnisch saniert werden müssen und Vögel wie Fledermäuse gerne in altem Mauerwerk nisten, kommt es zwangsläufig zu Konflikten. „Oft werden die Nester erst während der Sanierungsarbeiten entdeckt“, sagt Bernd Quellmalz vom Naturschutzbund (Nabu), „doch dann ist es oft schon zu spät.“ Wird ein Nistplatz während der Brutsaison im Sommer entfernt, geht in der Regel der gesamte Nachwuchs verloren. Nur ein Baustopp könnte das dann noch verhindern. Um derartigen Konfliktsituationen vorzubeugen, sollten Hausbesitzer möglichst frühzeitig prüfen, ob ihr Gebäude von einer bedrohten Vogel- oder Fledermausart bevölkert wird.

Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hat jetzt eine Broschüre herausgegeben, die Hausbesitzer über das Problem informiert und die Rechtslage erläutert. Das Naturschutzgesetz schreibt grundsätzlich die Erhaltung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten gefährdeter Tierarten vor. Ausnahmen können jedoch unter der Auflage einer Umsiedlung beantragt werden. Den Vögeln oder Fledermäusen muss also eine Ersatzniststelle geschaffen werden.

Dabei werden im Winter künstliche Nistkästen in unmittelbarer Umgebung des alten Nestes angebracht. Erfahrungen zeigen, dass die im Frühling zurückkehrenden Vögel die Ersatzniststellen meist gut annehmen. Grundsätzlich ist der Erhalt der natürlichen Niststätte jedoch immer zu bevorzugen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass den Boten des Frühlings bei ihrer Rückkehr die böse Überraschung auch wirklich erspart bleibt.