: Abwehrproblem? Denkste
WM-QUALIFIKATION Die DFB-Auswahl ist nach dem souveränen 3:0 gegen Österreich überaus erfreut, ihre Konzentrationsfähigkeit wiedergefunden zu haben – und Bundestrainer Löw soll seinen Vertrag verlängern
AUS MÜNCHEN ANDREAS RÜTTENAUER
Ganz einfach ist das für Joachim Löw. Der Bundestrainer braucht nur ein bisschen Zeit, dann sind die Probleme schnell gelöst. Das sagt er zumindest. Drei Tage hatte diesmal Zeit, mit der Mannschaft zu trainieren, bevor das WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich angepfiffen wurde. Und nach dem 3:0-Erfolg redete tatsächlich niemand mehr über ein Abwehrproblem in der DFB-Auswahl.
Die Verteidigungsleistungen waren ja zuletzt mehrere Male so miserabel gewesen, dass sogar ein Hochsommertestspiel gegen Paraguay, das 3:3 ausgegangen ist, beinahe schon finsterste Krisenstimmung in den Sportredaktionen dieses Fußballlandes ausgelöst hat. Das Team sei alles andere als titelreif, hieß es mit Blick auf die WM 2014 in Brasilien, für die sich das Team wohl ohne Probleme qualifizieren wird. Nun aber konnte sich die Mannschaft auf den Weg in Richtung Norden zum nächsten Quali-Spiel gegen die Färöer Inseln am Dienstag machen, ohne irgendwelche Probleme bewältigen zu müssen. Zu mühelos war der Erfolg gegen Österreich, das sich nach der knappen und durchaus unglücklichen 1:2-Niederlage im Hinspiel von Wien beinahe schon auf Augenhöhe mit der DFB-Auswahl gewähnt hatte.
Denkste. Joachim Löw ließ nach dem Spiel keinen Zweifel daran, dass ein Team wie das der Österreicher nicht einmal den Hauch einer Chance gegen Deutschland hat, wenn seine Spieler mit der nötigen Konzentration und vor allem Intensität zu Werke gehen. „Intensität“, das war Löws Lieblingsvokabel nach dem Spiel. Wenn auch die „vorderen Spieler“ ihre Defensivaufgaben erfüllen würden, dann kommen das heraus, was man am Samstagabend gesehen hat. Wenn alle mitziehen und konzentriert arbeiten, funktionieren sie genauso wie die von Löw gegen Österreich installierte Innenverteidigung mit Per Mertesacker und Jérôme Boateng, der den noch nach seiner Form suchenden Mats Hummels aus der Startformation verdrängt hat. Und auf der linken Defensivseite, da wird nun eben mit großer Intensität an Marcel Schmelzer gearbeitet, damit der bei der WM ebenso gut funktioniert wie im Spiel gegen Österreich bis zu seiner Auswechslung wegen einer Kieferprellung.
Der Bundestrainer redete am Freitagabend so, als seien Mannschaften wie Österreich alles andere als ein Gradmesser für die Qualität der DFB-Auswahl. Er zählt das Team, das den Deutschen wacker hinterhergelaufen ist, ohne dessen Kreise wirklich stören zu können, zu den Sportgruppen, die man ganz einfach schlagen kann, wenn man nur wirklich will. Für ihn gibt es sie also wieder, „die Kleinen“, die noch vor nicht allzu langer Zeit für nicht existent erklärt worden waren. Genau zehn Jahre nach dem 0:0 in einem Qualifikationsspiel der Deutschen gegen Island und der Weißbier-Wut-Rede des damaligen Teamchefs Rudi Völler gegen einen wahrlich nicht besonders kritischen Fragesteller Waldemar Hartmann hat sich einiges geändert. Hartmann hatte nur fragen wollen, ob die besten Kicker der Fußballnation Deutschland nicht wenigstens gegen eine Mannschaft wie Island hätten gewinnen müssen. Für Völler war diese Frage eine Unverschämtheit, für Löw wäre die Antwort ganz einfach: Klar müssen wir das gewinnen – und das tun wir dann auch.
Er hat wirklich das Glück, ein Gruppe guter Kicker um sich scharen zu können. Sie laufen ihm beinahe wie von alleine zu. Er muss nicht wie Rudi Völler und auch nicht wie Jürgen Klinsmann selbst Spieler entwickeln, indem er ihnen Einsatzzeiten in der Nationalmannschaft gibt, die sie in ihren Klubs nicht haben. Nur auf einen jungen Qualitätsstürmer wartet er bislang vergeblich. Das war bis dato nicht weiter schlimm, konnte er sich doch auf den alten Miroslav Klose verlassen, der gegen Österreich sein 68. Länderspieltor geschossen hat, so viele wie zuvor nur der sogenannte Bomber der Nation, Gerd Müller. Für Löw ist Klose das Vorbild, was die Arbeitsauffassung angeht. Er lobt Klose gerne dafür, dass er es immer wieder schafft, selbstkritisch seine eigene Leistung und körperliche Verfassung zu hinterfragen und weiter an sich zu arbeiten. 35 Jahre ist Klose jetzt alt und für die WM gesetzt. danach will er sicher nicht mehr für die DFB-Auswahl schuften.
Der Bundestrainer dagegen möchte offenbar weiterarbeiten für die Nationalmannschaft. Er könnte noch vor dem Turnier in Brasilien einen neuen Vertrag in der Tasche haben. Löw bestätigte, dass sein Berater mit dem Verband verhandelt. Es wird darüber spekuliert, ob der DFB eine Klausel einbauen wird, die es dem Verband erlaubt, den Bundestrainer zu feuern, wenn sich die Mannschaft in Brasilien blamiert. So ist das in diesen Tagen. Niemand redet darüber, ob sich Deutschland für die WM qualifiziert. Es geht schon um die Zeit nach der WM, auch wenn bis dahin noch ein paar Mal Fußball gespielt werden muss, am Dienstag zum Beispiel in Torshavn.