: Frischer Stoff für den Stammtisch
FUSSBALL-OBERLIGA Der BFC Dynamo entlässt seinen Trainer, obwohl der Erfolg hat. Fans rätseln über den Sinn der Aktion. Das Team siegt auch unter neuem Chef
Ja, da schlagen sie sich vor Vergnügen auf die Schenkel an den Stammtischen des Berliner Amateurfußballs, wenn alte Schoten aus dem Unterhaus aufgetischt werden. Da gab es zum Beispiel mal einen Manager in Spandau, der in der Halbzeitpause den Trainer feuerte und selbst das Kommando übernahm. Oder diesen Coach des BFC Dynamo, der – ausgerechnet im Derby beim Erzrivalen 1. FC Union – nach der Hälfte der Spielzeit seine Sachen packte und unverrichteter Dinge Arena und Mannschaft zurückließ.
Auch das jüngste Vorkommnis beim BFC Dynamo hat Zoten-Qualität. Kurz vor Ostern entließ der Oberligist aus Hohenschönhausen den Trainer Christian Backs. „Der Verein sieht sein sportliches Ziel, den Aufstieg in die Regionalliga, als gefährdet an“, verkündete der BFC. Dabei steht das Team in aussichtsreicher Position im Kampf um die Meisterschaft. Gerade hatte es drei Siege in Serie eingefahren und das Halbfinale im Berliner Amateurpokal erreicht. Dennoch wurde Backs durch Heiko Bonan ersetzt. Der war zuvor Frauentrainer in Gütersloh und Männerbetreuer in Essen und Ahlen. Gerüchten zufolge sollen auch Ex-Nationalspieler Christian Schreier, der einst als Coach den 1. FC Union in die Regionalliga führte, sowie Karsten Bäron, früherer Bundesliga-Torjäger beim Hamburger SV mit Zehlendorfer Wurzeln, als Alternativen kontaktet worden sein. Namen, die zeigen, wie ernst es der BFC mit dem Ziel Aufstieg meint.
Der Neue siegt wie der Alte
Zur Beruhigung der Fans fegte auch der neue Besen Bonan seine ersten drei Gegner weg. Nach 3:0-Erfolgen über Lichtenrade und Ludwigsfelde wurde am Samstag auch Lichterfelde im Sportforum Hohenschönhausen mit 2:1 besiegt. Ohne die optimale Punkteernte hätte der Anhang womöglich intensiver den Sinn des Trainertauschs hinterfragt. „Weil der Erfolg da ist, ist alles okay“, sagte BFC-Sprecher Martin Richter nach dem Sieg über Lichterfelde.
Trotzdem wird spekuliert: Hätte Backs das nicht auch geschafft? Ein Szenekenner mutmaßt, dass Backs nach dem Geschmack der BFC-Führung zu defensiv mit dem Thema Aufstieg umgegangen sei. „Das Wort Meisterschaft wollte er partout nicht in den Mund nehmen.“ Der einstige DDR-Auswahlspieler ist nicht als Verbal-Posaune bekannt. „Backe“ leiste vielmehr gründliche Aufbauarbeit und blase erst dann zur Attacke.
So lange wollte der BFC wohl nicht warten. Nach gefühlten 300 Jahren in der 5. Liga mit Gegnern wie Schöneiche, Torgelow oder Malchow hängen die Hohenschönhauser nostalgischen Träumen von Duellen gegen alte Rivalen wie Aue, Dresden oder Magdeburg nach. Ein, zwei Spielklassen höher wären sie Realität.
Zudem soll es im BFC-Kader unter Backs geknirscht haben. Richter bestätigt: „Die Stimmung zwischen Mannschaft und Trainer war nicht die beste.“ Einigen Akteuren soll angeblich nicht gepasst haben, dass Backs gesteigerten Wert auf die Grundlagenausdauer legte, wie man das Bolzen von Kraft und Kondition nennt. JÜRGEN SCHULZ