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Archiv-Artikel

„Wir haben nichts in der Hand“

Drei Türsteher des Stubu wurden freigesprochen – weil niemand so genau sagen kann, wer zugeschlagen hat

Nein, wenn es um die Bremer Diskomeile geht, kennt Staatsanwalt Uwe Picard „keine Toleranz“. Da ist er „kratzbürstig“, wie er mit einigem Stolz sagt. Noch nicht einmal seinen eigenen Sohn würde er dort sehen wollen, schon gar nicht im „Stubu“. Nichts sei dort mehr wie vor 30 Jahren, damals, als Herr Picard selbst noch in der Discothek unterwegs war. Und es dort noch keinerlei Türsteher gab.

Gestern nun klagte er drei Türsteher der Discothek an, weil sie im November 2004 grundlos drei BesucherInnen zum Notausgang gezerrt und dort getreten und geschlagen haben sollen. Einer erlitt eine Platzwunde an der Unterlippe, ein anderer trug Quetschungen und Schürfwunden am Hals davon. Auch an anderen Tagen soll man nicht eben zimperlich mit einigen Gästen umgegangen sein. Von Faustschlägen ist die Rede und von Schlagringen. Von Polizisten, die als „Nazis“ beschimpft, von Frauen, die als „Schlampen“ beleidigt wurden.

„Das soll man ruhig anklagen“, findet Picard. Allein die Beweisführung scheiterte gestern auf ganzer Linie. Von den drei Geschädigten konnte sich gestern niemand mehr so recht an die Türsteher erinnern. „Gut möglich“, dass es einer der drei Angeklagten war, sagte eine Zeugin. Vielleicht waren es aber auch ganz andere. Mohamad D., Ahmet C. und Nasir K. können sich entspannt zurücklehnen. Denn auch von den zwei geladenen Polizeibeamten haben sie wenig zu befürchten. Zwar hat einer der Türsteher gegenüber der Polizei seinerzeit zugegeben, dass man die drei Gäste „rausgeschmissen“ habe. Auch wurden Namen genannt. Doch Personalien wurden offenbar nicht aufgenommen. Auch der fragliche Polizist wurde gar nicht erst vor Gericht geladen. Statt dessen zwei Kollegen von der Bereitschaftspolizei, die auch nur vom Hörensagen zu berichten wissen. Und aus den Akten. Staatsanwalt Picard reagiert ungehalten. „Auf solche Strafanzeigen hin zimmern wir unsere Anklagen.“

Am Ende ist nichts nachzuweisen, die Türsteher selbst hüllen sich in Schweigen. „Wir haben drei Angeklagte und drei Straftaten“, resümiert Picard – „aber nichts in der Hand.“ Einstellen will er das Verfahren gleichwohl nicht. Am Ende muss er auf Freispruch plädieren. Zwar ist auch die Richterin überzeugt, dass der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung berechtigt ist. „Sie wurden geschädigt“, sagt sie mit Blick auf die drei Stubu-Gäste. „Aber wir wissen nicht, von wem.“ Freispruch.

Jan Zier