: Eigentlich ausgestorben
Sie haben vom Postrock gelernt und sie wissen auch, wie man Homestead buchstabiert. Vor allem erweisen sich Kate Mosh mit ihrer neuen CD „Breakfast Epiphanies“ als große Fans von Dinosaur Jr.
von THOMAS WINKLER
Die Gitarre dängelt, klingt irgendwie nach Folk und wird im nächsten Moment breit und jubilierend, bevor der Sound gleichsam in sich zusammenstürzt und die ganze Weite dieses einen einsamen Moments spürbar wird. Gerade so lange, bis die Gitarrenwand wieder neu aufgebaut werden kann, gewaltiger als zuvor und doch federleicht und flirrend. Was einem dann in den Kopf schießt, das ist nur ein einziger Name: Dinosaur Jr.
Ist es Reminiszenz? Ist es Plagiat? Ist es nicht scheißegal? Kate Mosh machen auf „Breakfast Epiphanies“, was sie am besten können: So klingen wie jene Band um Gitarrengott J. Mascis, die in den späten Achtzigerjahren Folk, Punkrock und Noise zusammendachte; die Faulheit zur Lebensmaxime erhob und somit den Schluffi-Rock, auch Slacker-Rock genannt, erfand; die ihn dann perfektionierte und anschließend auch gleich selbst wieder zu Tode ritt. Da es in diesen dunklen Zeiten keine sorglosen Hänger mehr gibt, sondern nur noch verzweifelte Praktikanten, mag das Herbeizitieren von Dinosaur Jr. kein so richtig zeitgemäßer Ansatz sein. Nein, modern ist das wirklich nicht. Auch nach Berlin anno 2006 klingt das ganz und gar nicht. Klasse anhören aber, das tut es sich allemal und immer noch.
Natürlich werden es Kate Mosh gar nicht prima finden, dass sie so reduziert werden auf diese eine Band. Werden sagen: Dinosaur Jr.? Klar, großer Einfluss. Logisch, prima Band. Aber, großes Aber: Wir haben auch gern den von SST verlegten Postpunk gehört, wissen wie man Homestead buchstabiert und dass das damals auch ein wichtiges Label war. Außerdem ist uns bekannt, dass auf Dischord der Hardcorepunk noch mal neu erfunden wurde, und heutzutage heulen wir gern mit den so angesagten Jammerlappen von Saddle Creek. Kurz: Wir können die Geschichte des amerikanischen Indie-Gitarrenrock im Schlaf herbeten, haben den Postrock kommen und gehen gesehen, vor allem haben wir daraus – trotz oder gerade aufgrund ständiger Besetzungswechsel seit der Gründung im Jahr 1999 – längst und ganz entschieden unseren eigenen Stil entwickelt. Ja, wir haben uns so weit entwickelt, dass uns unser Bandname mit dem One-Liner-Witz eigentlich peinlich sein müsste.
Und man wird beipflichten müssen: Stimmt, schon richtig, eine Eins-zu-eins-Kopie ist es beileibe nicht, was das Quartett auf „Breakfast Epiphanies“, ihrem zweiten Album, veranstalten, sondern eine clever weitergedrehte Version, die allerlei Erkenntnisse aus der Wissenschaft von der verzerrten Gitarre dankbar aufgegriffen hat. Nicht umsonst gehört man zum Dunstkreis um das Sinnbus-Label, in dem von Bands wie Seidenmatt, ampl:tude, Torchous oder Masonne nun schon seit Jahren an der elektrischen Gitarre und ihren Möglichkeiten geschraubt wird. Nicht umsonst wurde bereits das Ausland aufmerksam. So soll Simon Williams, Boss von Fierce Panda, mindestens Interesse an Kate Mosh bekundet haben. Nicht umsonst finden sich auf „Breakfast Epiphanies“ einige Gitarrenriffs von der Sorte, die man eigentlich für ausgestorben wähnte.
Wie auch immer. Denn schließlich, liebe Leute, hört es sich eben doch ganz schön nach Dinosaur Jr. an. Aber: Für andere hat das Donnerwerk von Kate Mosh schon nach Weezer oder gar Sonic Youth geklungen, nach Mars Volta oder Dredg. Und ein noch größeres Aber: Da ist ja gar nichts Schlechtes dran, denn von guter Musik, richtig guter Musik, von Musik, zur der man aufwachen und einschlafen kann, die euphorisch macht, obwohl sie doch traurig ist, Musik zu der man sich die Haare lang wachsen und anschließend den Kopf schütteln kann, von solcher Musik kann man natürlich niemals nicht genug kriegen. Aber hallo!
Kate Mosh: „Breakfast Epiphanies“ (Nois-o-lution/ Indigo); live am Mittwoch, 5. 4., 20 Uhr, im Magnet Club