Oberschichts-Ausraster war nicht zu leugnen

PROZESS Schulreformgegner muss nach einem tätlichen Angriff auf einen Gegendemonstranten Buß- und Schmerzensgeld zahlen. Verbündete versuchten vergeblich, den Angeklagten zu schützen

Mächtig hatte sich das hanseatische Kaufmanns-Ehepaar Magnus und Andrea von Z. aus den Hamburger Elbvororten für seinen Verbündeten gegen die Schulreform, Bundeswehroffizier Ulrich H., im Gerichtssaal ins Zeug gelegt. Am Ende stand dennoch ein Vergleich: H. zahlt dem Opfer ein Schmerzensgeld in Höhe von 250 Euro sowie 850 Euro Buße an einen Verein für behinderte Kinder.

Denn für Richterin Meike Tetens gab es keinen Zweifel, dass Ulrich H. aus dem feinen Hamburger Stadtteil Othmarschen am 18. April vorigen Jahres den Gebäudereiniger Thomas E. aus dem Arbeiterviertel Hamburg-Harburg angegriffen und zu Boden geschubst hat, um ihn ein Pappschild zu entreißen. H. hatte gemeinsam mit der befreundeten Familie von Z. und der Initiative „Wir wollen lernen“ für den Erhalt der Gymnasien nach dem vierten Schuljahr demonstriert. Die Demo war jedoch von Reform-Befürwortern auf dem Jungfernstieg gestoppt worden.

Thomas E. hatte sich dabei mit einem Schild „Unterschicht grüßt Oberschicht – Eure Schule wollen wir nicht“ vor den Reformgegnern postiert. Das passte auch Magnus von Z. nicht. „Er stellte sich vor unsere Demo, obwohl es die falsche Botschaft war“, sagt er aus. „Die Medien haben sich auf ihn gestürzt.“ Ulrich H. habe dem 57-Jährigen daraufhin zwar das Schild entrissen, ihn aber nicht zu Boden gestoßen, beteuert von Z. Die Szenerie habe ihn an eine „Szene im Strafraum“ erinnert, „wenn sich ein Stürmer mit einer Schwalbe fallen lässt“. Für den Angriff habe er Verständnis gehabt, sagt er, „das war menschlich“.

Zeugen hätten am liebsten selbst hingelangt

Auch Andrea von Z. gibt zu, dass sie sich über die Attacke gefreut hat. „Ich hätte ihm das Schild auch weggenommen, ich war so wütend“, echauffierte sie sich noch im Gerichtssaal. Schon vorher auf dem Gänsemarkt habe sie sich über E. geärgert, da er sich bei einem Fernseh-Interview des Schulreformgegners und Schauspielers Sky du Mont mit dem Schild ins Bild gestellt hatte. „Er ist als Berufsstörer bekannt“, polterte von Z. vor Gericht. „Das ist kein Schichten-Ding.“

Auch Andrea von Z. behauptete, Thomas E. habe sich damals „theatralisch fallengelassen“. Sie hatte ihn wegen seiner Körperverletzungs-Anzeige sogar als „Heuljule“ bezeichnet. Sie bleibt bis zuletzt von Ulrich Hs. Unschuld überzeugt. „Ich hab’ gesehen, dass der Angeklagte den Nebenkläger nicht zu Boden gestoßen hat, dabei bleib’ ich“, sagt die 41-Jährige Hausfrau zur Richterin. „Und wenn Sie mir sonst was androhen, ist mir das Wurscht.“ Unabhängige Zeugen hatten anderes berichtet, Pressefotos belegten den Angriff. KAI VON APPEN