: Wallstreet-Kumpel gibt auf
GELD Ehemaliger Finanzminister Larry Summers zieht Bewerbung um Chefposten der US-Notenbank zurück. Euro gewinnt, DAX auf Rekordwert
VON ULRIKE HERRMANN
BERLIN taz | Es war eine Überraschung: Der frühere amerikanische Finanzminister Larry Summers kandidiert nicht mehr für den Vorsitz der US-Notenbank Fed. In einem zehnzeiligen Brief an Präsident Obama räumte der Harvard-Professor am Sonntag ein, dass seine Chancen schlecht standen, im Senat die nötige Mehrheit zu erhalten: „Ich bin widerstrebend zu der Einsicht gelangt, dass ein eventuelles Bestätigungsverfahren für mich sehr bitter ausfallen würde und nicht im Interesse der Fed, der Regierung und letztlich der Nation wäre.“
Der jetzige Fed-Chef Ben Bernanke wird Ende Januar 2014 aus seinem Job ausscheiden. Hinter den Kulissen wird schon seit Monaten nach einem Nachfolger gesucht. Der neue Fed-Chef muss vom US-Senat bestätigt werden, wo die Demokraten die Mehrheit haben. Daher ist es bemerkenswert, dass Summers nicht automatisch mit einer Unterstützung im Senat rechnen konnte, falls er von US-Präsident Obama nominiert worden wäre.
Doch Summers ist sowohl fachlich wie persönlich umstritten. So hat sich der Ökonom dafür ausgesprochen, die Niedrigzinspolitik in den USA zu beenden. Vielen Beobachtern erscheint dies zu früh, denn die Arbeitslosigkeit liegt noch immer bei 7,3 Prozent – und dies sind nur die offiziellen Zahlen. Viele Erwerbslose haben es aufgegeben, nach einem Job zu suchen, und werden in der Statistik nicht mehr mitgezählt.
Zudem hat Summers engste Kontakte zur Wall Street, die er als Fed-Chef beaufsichtigen müsste. Ihm wird auch vorgeworfen, dass er als Finanzminister von US-Präsident Clinton verhindert habe, dass die Derivate stärker reguliert wurden – was sich dann in der Finanzkrise als verhängnisvoll erwies.
Die Börsen reagierten erfreut auf die Nachricht, dass Summers auf eine Kandidatur verzichtet. Der deutsche Aktienindex DAX sprang am Montagmorgen auf 8.626 Punkte – und erreichte damit ein Allzeithoch. Der Euro stieg ebenfalls. Denn die Anleger erwarten nun, dass die Fed ihre Niedrigzinspolitik weitgehend unverändert fortsetzt – wer immer neuer Chef wird. Als aussichtsreichste Kandidatin wird jetzt Janet Yellen gehandelt, die derzeit die Vizechefin der Fed ist und als exzellente Finanzexpertin gilt. Erstmals würde eine Frau die Notenbank leiten, was gut zu Obamas offiziellem Ziel passen würde, sich für Gleichberechtigung einzusetzen. Allerdings würde auch der Eindruck entstehen, dass Obama jetzt nur noch seine zweite Wahl nominieren kann. Daher könnte sich der Präsident für einen bislang unbekannten Kandidaten entscheiden, der noch nicht „verbrannt“ ist.
Inzwischen geht die normale Arbeit der Fed weiter. Am Dienstag und Mittwoch trifft sich routinegemäß ihr Offenmarkt-Ausschuss. Er entscheidet, wie viele US-Staatsanleihen aufgekauft werden, um die Zinsen zu drücken. Bisher erwirbt die Fed monatlich US-Papiere im Wert von 85 Milliarden Dollar. Da die Wirtschaft derzeit wächst, könnte es sein, dass dieses Programm um 10 bis 20 Milliarden Dollar zurückgefahren wird.
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