: Lachender Dritter vor britischen TV-Kameras
WAHLKAMKPF Bei der ersten Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten punktet der Aussichtslose unter ihnen: der Führer der Liberaldemokraten, Nick Clegg
DUBLIN taz | Bei der ersten Fernsehdebatte der britischen Geschichte zwischen den drei Spitzenkandidaten für die Parlamentswahlen am 6. Mai gab es keine Überraschungen. Labour-Premier Gordon Brown, Tory-Chef David Cameron und Nick Clegg von den Liberaldemokraten diskutierten über innenpolitische Themen wie Einwanderung, Verbrechensbekämpfung sowie das Gesundheits- und Bildungswesen. Das geriet zu einer filmischen Darstellung der Wahlprogramme.
Dass sich keine hitzige Diskussion oder wenigstens eine spontane Debatte entwickeln konnte, lag nicht unbedingt an den drei Politikern. Ihre Wahlkampfmanager und der Fernsehsender ITV hatten sich auf 76 Regeln geeinigt. So war unter anderem die Redezeit genau festgelegt, und dem Publikum wurden Gefühlsregungen wie Klatschen oder Lachen untersagt.
Clegg machte die beste Figur. In Anbetracht der Skandale um Spesen, bezahlte Lobbyarbeit und Steuerflucht, die vor allem die beiden großen Parteien betreffen, hatte es der Liberaldemokrat leicht, sich als Alternative zu präsentieren. Umfragen sahen ihn denn auch als deutlichen Debattensieger. Die Wahlen wird er wohl nicht gewinnen, aber er könnte bei einer Pattsituation zum Königsmacher für Cameron oder Brown werden.
So balzten die beiden kräftig um seine Gunst, vor allem Brown, doch Clegg wies die Avancen zurück. „Je mehr sich die beiden gegenseitig attackieren, desto identischer klingen sie“, sagte er. Clegg verstand am besten, dass es bei Fernsehdebatten weniger auf Inhalte ankommt, sondern auf Präsentation. Er blickte stets in die Kamera und sprach die WählerInnen direkt an.
Browns Antworten waren anfangs zu komplex und detailliert. Dazu kam sein unbeholfenes Lächeln, dass er an beliebigen Stellen einstreute, um endlich von dem Ruf als mürrischer Mensch loszukommen. Dennoch ist Brown möglicherweise der eigentliche Gewinner der Fernsehdebatte, denn er schnitt besser ab, als seine Anhänger erwarteten – im Gegensatz zu Cameron. Mitten in einer Wirtschaftskrise, gegen einen unbeliebten Premierminister und gegen eine Partei, die seit 13 Jahren an der Macht ist, hätte der Oppositionsführer eigentlich leichtes Spiel haben müssen. Doch statt seiner gelang es Clegg, sich als Kandidat der Erneuerung zu präsentieren.
RALF SOTSCHECK
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