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Archiv-Artikel

Magath macht auf Meister

TITELKAMPF Mit dem 3:1-Sieg gegen Mönchengladbach bleiben die Schalker in Bayernnähe. Deshalb will Felix Magath jetzt auch ganz offiziell Deutscher Fußballmeister werden

„Unsere Chancen, mit drei Siegen den Titel zu gewinnen, sind sehr groß“

FELIX MAGATH, SCHALKER TRAINER

AUS GELSENKIRCHEN DANIEL THEWELEIT

Ein vergnügtes Glucksen entfuhr dem frisch geduschten Ivan Rakitic, als ihm von der kleinen Kampagne berichtet wurde, die Felix Magath in der halben Stunde nach dem Abpfiff des 3:1-Sieges von Schalke 04 gegen Borussia Mönchengladbach losgetreten hatte. Angetrieben von einem wohl großen Mitteilungsbedürfnis war der Trainer von Mikrofon zu Mikrofon gestapft und hatte seinen Klub zur Not auch ungefragt zum neuen Favoriten auf den Meistertitel erklärt.

„Dadurch, dass die Bayern noch in der Champions League tätig sind, bin ich überzeugt, dass sie noch den einen oder anderen Punkt liegen lassen werden“, hatte Magath gesagt und daraus gefolgert: „Unsere Chancen, mit drei Siegen den Titel zu gewinnen, sind dann doch sehr groß.“ Die Meisterschaft ist nun das offizielle Schalker Saisonziel.

Doppeltorschütze Rakitic war bestens amüsiert von dieser Entwicklung. „Wenn der Chef das meint“, kommentierte der Kroate. Wie seine Mitspieler wirkte er etwas überrumpelt von der Veröffentlichung dieser Ambitionen. Dennoch sagte Rakitic brav: „Wir haben ein wichtiges Spiel gewonnen, werden aber nicht auf die Tabelle schauen, sondern uns bemühen, dass es so weitergeht.“ Solche Floskeln sind den Spielern nun über Monate eingebläut worden, der Begriff „Meisterschaft“ war tabu. Jetzt hat sich der Taktiker Magath für einen Strategiewechsel entschieden.

Einerseits erhöht er damit den Druck auf die Bayern. Andererseits beugt er der Gefahr vor, dass die Schalker Fans und das mediale Umfeld des Klubs wieder in einen unvorbereiteten Zustand des Wahnsinns verfallen, wenn die Mannschaft kurz vor Schluss tatsächlich die Tabellenspitze erklimmt. Die Borussia stand kompakt und glich Ivan Rakitic’ wunderbaren Fernschuss in den Winkel zum 1:0 (8.) nicht unverdient aus (Bobadilla, 16.). Doch Jefferson Farfans glückliches 2:1 (45.), vor dem Schiedsrichter Deniz Aytekin ein Foulspiel von Kevin Kuranyi übersehen hatte, ließ die Partie zugunsten der Schalker kippen. Und weil Magath nach der Pause mit Mario Gabranovic (20) mal wieder einen Debütanten ins Spiel warf, der gleich in seiner ersten Aktion einen Elfmeter rausholte, war die Partie früh entschieden. Rakitic vollendete zum 3:1 (47.). Die Fans feierten, vereinzelt gab es „Spitzenreiter“-Rufe, doch der besonnenere Teil des Anhangs bremst die allzu kühnen Optimisten im Publikum mittlerweile und versucht solche Gesänge zu unterbinden.

Auf Schalke ist ein Bewusstsein gereift, dass emotionale Disziplin nötig ist, wenn sie die Schale irgendwann einmal besitzen wollen. Der Fuchs Magath hat eine Situation geschaffen, in der nicht mehr er die Euphorie einzudämmen versucht. Vielmehr bremsen Fans und Spieler nun den Optimismus des Trainermanagers. Welch ein Coup.

Dass es schon in diesem Jahr klappt mit dem Meistertitel, bleibt aber eher unwahrscheinlich, denn die bessere Mannschaft ist im Jahr 2010 zweifelsfrei der FC Bayern. Nach dem spektakulären 7:0 des Rekordmeisters gegen Hannover wirkte Magaths Optimismus dann noch mehr wie der kühne Versuch Davids, Goliath irgendwie Furcht einzuflößen, als ohnehin schon. Zumal keineswegs sicher ist, dass die Schalker ihre drei Partien in Berlin, gegen Bremen und in Mainz gewinnen. Andererseits passen die Schalker Puzzlestücke derzeit einfach zusammen. „Wir werden Zweiter oder Meister“, sagte Benedikt Höwedes. Die Champions-League-Teilnahme ist ihnen kaum noch zu nehmen, Schalke 04 hat also nichts mehr zu verlieren.

Und diese Ausgangslage liegt dem Klub. In Rückstand, in Alles-oder-nichts-Situationen spielten sie oft ihren besten Fußball. Und als Schalke 2001 und 2007 am Ende der Saison aus eigener Kraft Meister werden konnte, da haben sie allen Mut verloren und den Titel noch verspielt. Diesmal soll es genau andersrum laufen.