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Archiv-Artikel

Der Klassenerhalt könnte machbar sein

Der 1. FC Köln gewinnt mal wieder ein Heimspiel – und dann auch noch gegen einen direkten Abstiegskonkurrenten. Plötzlich glauben Spieler, Fans und Verantwortliche wieder an eine wunderbare Zukunft in der ersten Liga

KÖLN taz ■ Sechs-Punkte-Spiel. Abstiegskampf. Es ging um alles im Kölner RheinEnergieStadion. „Die glauben auch noch an die Deutsche Meisterschaft, wenn die gegen Burghausen oder Unterhaching spielen“, meinte ein Besucher auf der Haupttribüne. Wahrscheinlich kann man diese Attribute auch in völlig aussichtslosen Situationen nur den Fans des 1. FC Köln verkaufen. 43.500 wollten die Partie gegen den VfL Wolfsburg sehen. Und zwei verdammt späte Tore von Matthias Scherz (77.) und Patrick Helmes (78.), ergänzt durch ein Eigentor des Wolfsburgers Hans Sarpei (81.), reichten für einen lockeren 3:0-Erfolg. Die Menge johlte, tanzte, feierte, als seien sie dem fußballerischen Exitus für alle Zeiten entgangen. Der erste Heimsieg nach 203 Tagen – zehn Heimspiele fanden seitdem statt – löste eine kollektive Extase aus. Der Abstand zu einem Nichtabstiegsplatz beträgt fünf Spieltage vor Saisonende nur noch sechs Punkte. Wow!

„Wir haben sicher nicht grandios gespielt, aber das Ergebnis war ganz wichtig für uns“, sagte Kölns Trainer Hanspeter Latour nach dem Spiel. Nicht grandios gespielt? Der Schweizer neigt zur Untertreibung. 77 Minuten lang war nicht wirklich zu erkennen, dass es für die Gastgeber wohl um die allerletzte Halbchance im Kampf um den Klassenerhalt gehen könnte. Einzige Entschuldigung: Die Werkskicker aus Wolfsburg unterschritten das Niveau tatsächlich noch um eine Nuance. Es war ein Grottenkick auf erbärmlichen Niveau. Beide Mannschaften haben so eigentlich nichts in der Liga zu suchen. Aber das geht fünf bis sechs anderen Vereinen ähnlich.

Während des Spiels war von der Kölner Aufbruchsstimmung wenig zu spüren. Enttäuschung in den Gesichtern und in den Stimmbändern. Die Gespräche auf den Tribünen übertönten die Gesänge der Fans. Diese hatten sich den Kampf um die letzte Hoffnung wohl anders vorgestellt: Leidenschaftlicher und Entschlossener. Die mentale Vorbereitung auf den Gang in die zweite Liga hatte begonnen. Zu früh: „Wir haben endlich auch mal Glück gehabt“, sagte Nationalspieler Lukas Podolski hinterher. „geht Wolfsburg in Führung sind wir weg vom Fenster.“ Im Spiel und in der Liga. Doch Marian Hristow traf in der zweiten Halbzeit nur den Pfosten.

„Glücklicherweise ist die Situation nicht negativer geworden“, sagte Wolfsburgs Trainer Klaus Augenthaler. Die Kölner hat er im Abstiegskampf scheinbar nicht mehr auf der Rechnung. Beide Teams trennen nur noch die oben erwähnten sechs Punkte voneinander. Und nach dem Spiel vom Samstag muss man sich langsam fragen: Wie konnte das passieren?

Der FC darf kommende Woche in der Arena AufSchalke nicht ohne Hoffnung auflaufen: „Drei Spiele ohne Niederlage, dazu ein 2:2 in München. Der Heimsieg könnte einen Effekt auslösen“, rechnet Hanspeter Latour vor. Bei den Fans ist er jedenfalls schon angekommen, der Effekt. Die träumen von der Meisterschaft – in der übernächsten Saison. HOLGER PAULER