Aktionismus ohne Konzept

Trotz diverser Aktionspläne bleibt die Feinstaubbelastung in NRW-Städten hoch. EU-Bußgelder drohen bisher nicht. Umweltschützer und Kommunen fordern endlich regionale Konzepte

VON GESA SCHÖLGENS

Vier nordrhein-westfälische Städte haben die Tagesgrenzwerte für Feinstaub in diesem bereits Jahr überschritten. Weitere Kommunen stehen kurz davor. Doch Sanktionen oder Geldstrafen seitens der EU-Kommission drohen ihnen nicht, denn bis es zu einer Klage kommt, können Jahre vergehen. „Der Grund ist das langwierige Verfahren vor dem europäischen Gerichtshof“, sagt Michael Marty, Rechtsexperte beim Umweltbundesamt.

Die Städte wiegen sich in Sicherheit. „Die Beklagten wären ohnehin nicht wir, sondern der Bund und die Länder“, sagt Folkert Kiepe, Bau- und Verkehrsdezernent des Deutschen Städtetags. Geklagt werde außerdem nur, wenn nichts gegen die Feinstäube unternommen würde. „Das ist bei uns nicht der Fall.“ Im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten wie Paris haben viele NRW-Kommunen Aktionspläne gegen Feinstaub aufgestellt und zum Teil auch umgesetzt. „Allerdings mangelt es noch an Zusammenarbeit zwischen den Kommunen“, so Kiepe.

Dieser Ansicht ist auch das Landesumweltamt (LUA) in Essen. „Die NRW-Städte sind bereits sehr aktiv“, sagt LUA-Mitarbeiter Egon Falkenberg. Die Feinstaub-Belastung an den untersuchten Straßen sank laut LUA im Jahresdurchschnitt um bis zu acht Prozent, im Umfeld einer Industrieanlage um 15 Prozent. Jedoch reichten die lokalen Maßnahmen allein nicht aus, so Falkenberg. Es fehle ein regionales und langfristiges Konzept gegen den Feinstaub.

Zumindest im stark verstaubten Ruhrgebiet tut sich inzwischen etwas. Der Regionalverband Ruhr (RVR) will gemeinsam mit Kommunen, Bezirksregierungen, Umwelt- und Verkehrsministerium einen regionalen Luftreinhalteplan erarbeiten. Bis zum Herbst sollen Ideen entwickelt und anschließend umgesetzt werden.

Im Gespräch sind unter anderem städtische Umweltzonen, die für emissionsstarke Autos, Lastwagen und Busse gesperrt bleiben. Durch Plaketten für unterschiedliche Schadstoffgruppen müssen die Städte bei erhöhter Feinstaubbelastung keine generellen Fahrverbote verhängen, sondern können Ausnahmen zulassen. „Allerdings sind die Städte momentan bei der Umsetzung stecken geblieben, weil die notwendige Kennzeichungsverordnung fehlt“, so Dirk Jansen, NRW-Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND).

Der Bundesrat hat die Plaketten am Freitag gebilligt, jedoch einige Nachbesserungen verlangt. Umweltschützer und Städte fordern außerdem, dass die Umweltzonen großräumiger sein müssten. Mit einzelnen Sperrgebieten sei es nicht getan, da der Verkehr auch in andere Städte ausweichen würde.

Ein großes Problem bleiben nach wie vor die fehlenden Dieselrußfilter in den Fahrzeugen. Bund und Länder haben sich bisher nicht auf eine steuerliche Förderung der Umrüstung, etwa über die Kfz-Steuer, einigen können. „Den Ländern wären durch den Gesetzesentwurf des Bundes Einnahmeausfälle entstanden. Das ist in Zeiten knapper Haushaltskassen nicht hinnehmbar“, teilte das Landesumweltministerium mit.