: „Jetzt verstehe ich“
■ Andrea Röpke, 48, ist freie Journalistin und schreibt unter anderem für die taz. Die mehrfach preisgekrönte Autorin gilt als eine der besten Kennerinnen der rechten Szene in Deutschland. Am Mittwoch wurde bekannt, dass der niedersächsische Verfassungsschutz sie von 2006 bis 2012 beobachtete. „Jetzt“, sagt sie, „verstehe ich einiges besser.“ Ein Kurzprotokoll „Sechs Jahre lang beobachtete mich also der Verfassungsschutz. Seit ich das weiß, erscheint mir einiges in neuem Licht. Zum Beispiel jener Tag in Lüneburg, 2006. Ich war als Expertin auf einer Fachtagung geladen – ‚Verantwortung übernehmen im Norden‘. Die Landespräventionsräte aus drei Bundesländern hatten mich als Referentin eingeladen. Kurz vor meinem Auftritt im voll besetzten Hörsaal der Uni Lüneburg verließ ein Mann den Saal: der damalige CDU-Innenminister Uwe Schünemann. Später sagten mir die Veranstalter im Vertrauen, dass ‚Sicherheitskreise‘ ihnen gegenüber ‚Vorbehalte bezüglich meiner Person als Referentin‘ geäußert hätten. Damals wunderte mich das. Seit Mittwoch weiß ich: Offenbar hatte die Beobachtung meiner Person damals schon begonnen. Von 2006 bis 2012 sammelte der Verfassungsschutz rechtswidrig Daten zu meiner journalistischen Arbeit in der rechtsextremen Szene. Als ich 2012 fragte, was über mich vorliege, löschten die Beamten die Daten – und logen mich an: ‚nichts‘.
Zuvor war ich mit meinen Recherchen wiederholt beim Verfassungsschutz angeeckt. Die jahrelangen Recherchen zur ‚Heimattreuen Deutschen Jugend‘ (HDJ) zeigten u. a. auf, was der Verfassungsschutz entweder nicht wusste oder verschwieg: In Niedersachsen wurden Kinder systematisch im braunen Geiste in Lagern gedrillt. Die Reaktion der Behörden: Ich würde übertreiben. 2009 folgte das Verbot der HDJ. Gut möglich, dass die Verfassungsschützer das als Ohrfeige verstanden – und entsprechend agierten.“ PROTOKOLL: ANDREAS SPEIT