Original und Fälschung

Zum 175. Geburtstag zeigt der Kunstverein in Münster die Re-Inszenierung einer Polke-Ausstellung von 1973

In Münster steht eine Kultur-Zeitmaschine. 1973 hat Klaus Honnef dort im Kunstverein eine Ausstellung von Sigmar Polke kuratiert. Jetzt hat er sie rekonstruiert. „Original und Fälschung“ hieß sie damals und so heißt sie heute auch wieder. Ein Novum in der Ausstellungsgeschichte?

Nein. Zum 175. Geburtstag des Vereins wird in der Stadt ein Rückblick gewagt, der gar kein wirkliches Wagnis ist. Hat doch der Künstler inzwischen Weltruhm erlangt, die Ausstellung als komplettes Ensemble einen Platz in einem Museum gefunden. Die Fragen nach dem Wert und der Bewertung von Kunst, die Fragen nach Authentizität, nach dem Original und natürlich nach der Fälschung stellt sich. Doch das Spiel mit Ironie und Irritation sind schon 1973 zentrale Themen im künstlerischen Schaffen Polkes gewesen.

Der Gemäldezyklus, der jetzt in Münster zu sehen ist, besteht aus 24 großformatigen Bildern, die im oberen Wandteil hängen. Sie stellen Kopien gestohlener Gemälde alter Meister dar oder beschwören in verschlüsselter Bildsprache eine hermetische Ikonographie herauf, die auf eine kunstferne Bildtradition anzuspielen scheint. Hilfe zu ihrer Enträtselung gibt es freilich nicht. Auf Augenhöhe sind rundum im Raum Spiegel montiert, in denen der Betrachter sich selbst sehen kann. Unten kommentieren 14 Fotocollagen die Gemälde, wobei auch sie eher kryptisch als erhellend sind. Der Werkblock, den Polke zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Künstlerkollegen Achim Duchow für den Ausstellungsraum des Westfälischen Kunstvereins konzipiert hat, wurde damals für die Sammlung Paul Grothe komplett gekauft und befindet sich heute im Duisburger Museum Küppersmühle.

Von der damaligen Installation der Ausstellung in Münster, die ein Jahr später in Bonn gezeigt wurde, existieren keine Fotografien. Die heutige Re-Inszenierung gründet so allein auf den Erinnerungen des damaligen Kunstvereins-Geschäftsführers Klaus Honnef. Sie ist nicht historisch treu, wohl aber eine Annäherung an die Anfangszeit eines Weltstar-Künstlers. Seither untergräbt Polke mit seinem Werk nicht nur die Fundamente des ästhetischen Systems, sondern trägt zur Musealisierung des Alltags, zur Entthronisierung des Musealen und zur Etablierung neuer Bewertungskriterien der Kunst bei. KATJA BEHRENS

Bis 30. April 2006Infos: 0251-46157