: Stichwahl in Peru: Gegner gesucht
Linksnationalist Ollanta Humala gewinnt erste Runde, aber zweiter Platz ist umstritten
PORTO ALEGRE taz ■ In Peru bleibt es spannend. Erwartungsgemäß entschied der globalisierungskritische Nationalist Ollanta Humala die erste Runde der Präsidentenwahl am Sonntag für sich, verfehlte jedoch die absolute Mehrheit um rund 20 Prozent. Um Platz zwei liefern sich die konservative Anwältin Lourdes Flores und der sozialdemokratische Expräsident Alan García ein Kopf-an-Kopf-Rennen, dessen Ergebnis bis Redaktionsschluss noch nicht feststand.
Als Erster trat um 9 Uhr abends Humala vor seine Anhänger. „Das peruanische Volk hat seinen Wunsch nach einem Wandel in diesem Land ausgedrückt“, sagte der 42-jährige Exoberstleutnant zufrieden. Sämtlichen Prognosen und Hochrechnungen zufolge lag er zu diesem Zeitpunkt mit etwa 30 Prozent deutlich in Front. Flores und García pendelten um die 25-Prozent-Marke. Anders als zuletzt im Wahlkampf, als er gegen die „faschistische Diktatur der Wirtschaftsmächte“ gewettert hatte, schlug Humala versöhnliche Töne an. Er wolle die soziale Kluft in Peru nicht vertiefen, rief er, sondern „Frieden und Ruhe“.
Kurz vor Mitternacht hatte sich das Bild kaum verändert. Zwar lagen die drei Kandidaten nach der Auszählung von 53 Prozent der Stimmen enger zusammen, sodass die Medien dieses Teilergebnis der nationalen Wahlbehörde als Dreier-Patt werteten. Die unabhängige Wahlforschungsgruppe Transparencia, die für ihre Hochrechnungen repräsentative Stichproben aus dem ganzen Land heranzieht, sah die Lage klarer und Humala 5 Prozentpunkte vor Flores und García. Mit den Teilergebnissen, in denen Wahlbezirke aus abgelegeneren Landesteilen nicht berücksichtigt werden, stifte die Wahlbehörde Verwirrung unter den Wählern, klagte Humala: „Hier gibt es kein Dreier-Patt. Wir sind die stärkste Kraft bei der Präsidentenwahl, bei den Kongresswahlen und bei den Wahlen zum Anden-Parlament.“ Den stärksten Rückhalt hat der Nationalist bei der armen Landbevölkerung der südlichen Hochlandprovinzen.
Er hoffe, dass in der folgenden Wahlkampfetappe „der schmutzige Krieg, die Desinformation“ beiseite gelassen werde, „damit das Volk in Ruhe entscheiden kann“, sagte Humala. In den letzten Monaten waren er zur beliebtesten Zielscheibe der Medien geworden – Munition lieferte seine Familie frei Haus. Sein Vater Isaac schwafelt als Erfinder und Chefideologe des „Ethnocacerimus“ von einer Überlegenheit der „kupferfarbenen Rasse“, seine Mutter will Homosexuelle erschießen lassen. Sein Bruder Antauro, der wegen des Überfalls auf eine Polizeistation in Untersuchungshaft sitzt, habe dasselbe für Präsident Toledo gefordert, wurde kolportiert.
Als Humala mit seiner Frau Nadine zur Stimmabgabe in einer Universität erschien, gipfelte die auch aus dem Establishment lustvoll betriebene Polarisierung des Wahlkampfs in unschönen Szenen: Empfangen wurden die beiden mit „Mörder! Mörder!“-Rufen und mit einem Steinhagel. Erst nach anderthalb Stunden konnten sie das Wahllokal unter Polizeischutz verlassen. 1992 soll Humala als Armeekommandant beim Kampf gegen maoistische Rebellen an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen sein. Er bestreitet dies, die einschlägigen Militärakten sind jedoch verschwunden.
Wann und gegen wen Humala antritt, steht noch nicht fest. Nachdem die Wahlbehörde vorgestern angekündigt hat, bis zur Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses könnten drei Wochen vergehen, gelten nun der 28. Mai oder der 4. Juni als wahrscheinlichste Termine für die Stichwahl. GERHARD DILGER
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