: Wem gehört die „FAZ“?
Berlusconi in Ostfriesland und anderswo. Zur Pressefreiheit gehört auch die Freiheit der Information über deren Eigentümer. Viele Fragen zu Transparenz, Treuhändern und der CDU in Hessen. Kluge Köpfe sollte das interessieren, aber niemand redet darüber, doch die Fragen bleiben
VON HORST RÖPER
Wenn sich ein Zeitungsverleger im eigenen Blatt „In eigener Sache“ zu Wort meldet, geht es meist um Jubiläen oder Orden für die Gründerväter. Stefan Dunkmann, Verleger der Ostfriesischen Nachrichten in Aurich, hatte Wichtigeres zu berichten, als er unter dem Titel „Nebelkerzen, gelenkte Öffentlichkeit und verlagspolitische Interessen“ die Öffentlichkeit suchte.
Die Leser der Heimatzeitung erfuhren immerhin, dass der benachbarte Großverlag der Nordwest-Zeitung (NWZ) in Oldenburg plante, nun auch den Verlag in Aurich – zumindest teilweise – zu übernehmen „und damit seiner Selbstständigkeit zu berauben“. Verleger Dunkmann hat natürlich abgelehnt. Sonst hätte das unerwünschte Übernahmeangebot nicht in der Zeitung gestanden.
Der Vorgang in Ostfriesland ist ungewöhnlich in einer Branche, die zwar von Information (und immer noch überwiegend von Werbung) lebt, selbst aber überwiegend darauf bedacht ist, nichts über eigene „verlagspolitische Interessen“ zu vermelden. Verleger Dunkmann verhielt sich in eigener Sache so gesehen nicht standesgemäß, denn er schwärzt seine Kollegen aus Oldenburg an: „Dort hat sich mittlerweile herausgestellt, dass offensichtlich fast alle von der NWZ-Holding getätigten Aufkäufe der vergangenen Jahre nicht beim Kartellamt angemeldet respektive genehmigt worden sind.“
Der Vorwurf ist weitreichend, denn die Oldenburger NWZ war in der noch vor wenigen Jahren durch Kleinverlage geprägten Zeitungslandschaft Ostfrieslands auf Einkaufstour. Die friedliche Koexistenz der Nachbarverlage ist daran zerbrochen. Zwei Kleinverlage wehren sich gegen den Hegemonieanspruch der Oldenburger. Sie haben mit dem Verlag der Neuen Osnabrücker Zeitung einen starken Kombattanten gefunden. Die Konkurrenz wird nun sogar mit Informationen ausgetragen – ungewöhnlich für die sonst so verschwiegene Branche.
Verleger Dunkmann schrieb, dass die NWZ-Holding beim Nachbarn, dem Ostfriesischen Kurier, nicht nur die Mehrheit übernommen habe. „Die restlichen 49 Prozent des Norder Kuriers sind beliehen und ebenfalls an die NWZ-Holding in Oldenburg verpfändet.“ Das wiederum dürfte auch die Richter beim Bundeskartellamt interessieren, wenn sie glauben, was in Zeitungen über Zeitungen steht.
Das Anliegen, Transparenz über den Besitz an Medien herzustellen, um Leser, Hörer und Zuschauer zu informieren, wer bei welchem Medium das Sagen hat, wird von allen Parteien im Grundsatz geteilt.
Dennoch sind die Unterschiede in den einzelnen Ländern erheblich. In Bayern müssen Verlage schon seit Jahrzehnten regelmäßig in eigenen Medien über ihre Eigentümer informieren. In Brandenburg besteht zudem die Pflicht, auch Beteiligungen an anderen Medien regelmäßig offen zu legen. In den meisten Ländern aber fehlen gesetzliche Regelungen mit dem Ziel, Transparenz herzustellen.
Selbst dort, wo informiert werden muss, wird oft nur die Oberfläche dargestellt, da zum Teil nur Treuhänder genannt werden, nicht aber die einflussreichen Treugeber. Die CDU in Hessen hat genau an diesem Punkt ansetzen und eine umfassende Transparenzpflicht vorschreiben wollen. Dem mutigen Schritt folgte aber bald die Mutlosigkeit. Die Union hatte sich Ärger eingehandelt. Gerade die ihr nahe stehenden Verlage fanden so viel Information dann doch übertrieben. Aber in einem Punkt blieb die Union beinhart. Parteien müssen in Hessen ihre Anteile offen legen.
Die Regelung ist eine „Lex Frankfurter Rundschau“. Sie ist eine der Zeitungen im Land, an der eine Partei beteiligt ist – und dann auch noch die SPD. Gerade über diese Beteiligung war aber in etlichen Medien wiederholt berichtet worden. Die Transparenzpflicht zeigt keine Wirkung. Viel interessanter wäre es für Zeitungsleser, hätte die CDU „die Informationspflicht über die Hintermänner von Treuhändern“ festgeschrieben.
Bei der FAZ treten öffentlich nur Treuhänder in Erscheinung. Wen sie vertreten, weiß man nicht. Gerade kluge Köpfe dürfte das aber interessieren. Der Sozialwissenschaftler Hermannus Pfeiffer hat vor annähernd 20 Jahren nach den Hintermännern geforscht („Die FAZ – Nachforschungen über ein Zentralorgan“). Gefunden hat er – außer der Deutschen Bank – keinen der tatsächlichen Eigentümer.
Harte Informationen über die eigentlichen Eigner sind wohl erst dann zu erwarten, wenn in Hessen ein kleiner Verlagskrieg ausbricht. Nicht nur in Ostfriesland wissen Verleger mutmaßlich am meisten über ihre Kollegen, schreiben es aber nur, wenn Kollegialität gerade keine Konjunktur hat.
Fotohinweis: HORST RÖPER, geboren 1952, ist Medienwissenschaftler und Geschäftsführer des Formatt-Instituts in Dortmund. Er hat Publizistik und Politologie in Münster und Journalistik in Dortmund studiert. Seit 1984 engagiert er sich in der Weiterbildung von Journalisten und schreibt regelmäßig in Fachzeitschriften über Medientechnologie, Medienökonomie und Medienpolitik.