LESERINNENBRIEFE
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Intelligente Wähler in Portugal

■ betr.: „Regierung für harten Sparkurs auf ganz klare Art abgestraft“, taz vom 1. 10. 13

Es war richtig erfreulich zu lesen, dass es in einem kleinen Land, irgendwo in Europa noch intelligente Wähler gibt, die sich für eine Politik der Verteilung von unten nach oben auf die einzige Art bedanken, die richtig ist.

Während hierzulande schon wieder über Ministersessel verhandelt wird, (Wiesehügel) und dabei die kritisch denkenden Wähler, die eine solche Politik abgewählt haben, wieder betrogen werden, haben genau solche Wähler in Portugal die einzig richtige Antwort gegeben; die Regierungsparteien wurden abgewählt. Hier wird jetzt schon – noch von der abgewählten Regierung („Merkel blockiert beim Klima“) – die Politik des Neokapitalismus fortgesetzt. Und glaube ja keiner, dass nicht weitere Wahlversprechen gebrochen werden, auf die die Mehrheit der Wähler bei uns hereingefallen sind. Aber offensichtlich braucht der Stammtischpolitiker in Deutschland eine Mutti, der er blind glaubt. Und leider sind solche Informationen fast immer nur in der taz zu finden; Bravo taz! ALBERT WAGNER, Bochum

Oberrealos nerven

■ betr.: „Die Ursachen der Niederlage“, taz vom 28. 9. 13, „Selbstfindungsseminar“, taz vom 30. 9. 13

Diese baden-württembergischen Oberrealos von Schlauch über Palmer bis Kretschmann nerven. Es ist wenig hilfreich für die dringend erforderliche Diskussion, wenn jetzt alle Schlaumeier wissen, welche „Fehler“ gemacht wurden.

Ich sage, es war kein Fehler die Gerechtigkeitsfrage anzugehen. Deutlich ungünstiger war die übervorsichtige Herangehensweise zur Energiewende. Es muss vielmehr darüber nachgedacht werden, wie gegen populistische Stimmungsmache von Seiten der herrschenden Machtapparate bei typisch grünen Themen erfolgreicher gegengehalten werden kann. In mehreren taz Beiträgen wurde dies in den vergangenen Tagen sehr treffend analysiert.

Ein deutschtümelnder Habeck im Interview der von einer 8- bis 10-prozentigen Klein-aber-fein-Nische faselt und vorschlägt sich breiter aufzustellen, sollte sich überlegen, ob er nicht in der falschen Partei ist. Die Grünen müssen grün bleiben und das ist deutlich links von der Mitte. Einen Rechtsruck mache ich als Grünenwähler nicht mit. Warum nicht Rot-Rot-Grün oder erfolgreich opponieren? WOLFGANG WEDEL, Nürnberg

… oder sie lösen sich auf

■ betr.: „Die Ursachen der Niederlage“, taz vom 28. 9. 13

Rezzo Schlauch geht davon aus, dass die Grünen, eventuell zur Postensicherung, mehr „in die Mitte“ rücken müssten, oder dass sie „mehr Kretschmann“ brauchen. So kann es nicht gelingen. Kretschmann erhielt nur ein gutes Ergebnis, weil die Menschen wegen Fukushima mal kurz erschrocken sind. Allerdings kann man sich beim Thema Energiewende nicht mehr auf die Grünen verlassen. Und „in die Mitte“ rücken, das haben sie ja die letzten zehn bis 15 Jahre erfolgreich gemacht. Wer einstmals Grün wählte, wählte Opposition, Anti-Akw/Energiewende,Umwelt, soziale Themen. Diese ehemals grüne Partei findet man allerdings nicht mehr auf dem Wahlzettel.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten jetzt: Die Grünen besinnen sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe und berücksichtigen, dass sich einiges geändert hat in unserer Gesellschaft seit dem „Turnschuhminister“ (steigende Armut bei steigendem Reichtum der oberen Schicht, Regierung ist nur noch für die Wirtschaft da und nicht mehr für die Menschen, zerstörende Macht der Geldwirtschaft, Arbeits- und Chancenlosigkeit, Kinderarmut, Mütterarmut, Familienarmut, Altersarmut …) oder sie lösen sich auf, wobei die „Mittebegeisterten“ Gutbürgerlichen dann eben zur SPD wechseln und die, die noch soziale Anliegen haben, gehen zu den Linken. Alles andere ist nur peinlich. ELKE GRÖZINGER, Wunstorf

Totengräber grüner Philosophie

■ betr.: „Die Ursachen der Niederlage“, taz vom 28. 9. 13

Ein wenig erstaunt : Die taz gibt einem der Totengräber der grünen Philosophie eine ganze Seite.

Es ist das Totalversagen der Grünen in Baden-Württemberg, die die vielen Prozente gekostet hat. Das „größte wirtschaftliche Betrugsunternehmen der Nachkriegsgeschichte S 21“ (bis heute unwidersprochenes Zitat) hat die Grünen in Baden-Württemberg an die Macht gebracht. In „schlechter“ Tradition erinnerten sie sich bald nicht mehr ihrer Absichten, dieses kriminelle Projekt – wie versprochen – juristisch überprüfen zu lassen, die nach wie vor nie vorhandene Wirtschaftlichkeit zu belegen etc. pp. Stattdessen eine sogenannte Volksabstimmung über eine Finanzbeteiligung, die erstens verwirrend war, und zweitens nicht einmal das Quorum erreicht hat. Bei dieser wurden die Kosten mit maximal 4,5 Milliarden Euro angegeben. Nachdem bereits heute 6,8 Milliarden von der Bahn dokumentiert sind (es wird noch sehr viel mehr), wäre für jeden reell denkenden Menschen diese sogenannte Volksabstimmung obsolet. Nun tragen Herr Kretschmann und die anderen willfährigen Diener des kriminellen Kapitals diese Volksabstimmung wie eine Monstranz vor sich her und spekulieren auf die Schlichtheit im Geist der Bürgerinnen und Bürger. Und dies ist der grüne Irrtum : Die Wählerschaft der Grünen ist – wahrscheinlich – besser informiert als die größere Gruppe der „Volksparteienwähler“. Genau deshalb sind sie ärgerlich, so unter Niveau angelogen zu werden.WOLFGANG OTTO SCHWARZ, Stuttgart