LESERINNENBRIEFE
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Rassismus ist nicht süß

■ betr.: „Süße rassistische Ausländer“, taz vom 1. 10. 13

Normalerweise schätze ich die Kolumne von Jacinta Nandi sehr, aber hier gehe ich gar nicht mit ihr konform: Rassismus ist überhaupt nicht süß – egal, von wem er ausgeht. Und Rassismus als Rache, gar die einzige, die „Ausländer“ (wer ist das?) je haben werden? Rache an wem? Waren es denn schwarze Jugendliche, die die indische Oma im Romford Town Centre angespuckt haben? Dann hätte es Nandi wohl erwähnt. Ich nehme mal an, dass die Oma schon vor der Spuckattacke ihre Vorurteile gegen Schwarze hatte. Und dass viele Türken, Iraner oder Israelis sich den von ihnen verachteten Arabern kulturell haushoch überlegen fühlen, liegt nun nicht an den deutschen oder britischen Rassisten, sondern hat mit der Geschichte von Konflikten, Eroberungen und Fremdherrschaften im Nahen Osten zu tun. Zu guter Letzt die schwarze Freundin; ihre böse Bemerkung scheint mir eher auf die lästige Bettlerin als auf die Romni gemünzt und hätte wohl genauso einen „altdeutschen“ Obdachlosen treffen können. Dass Sozialdarwinismus ähnlich eklig ist wie Rassismus, steht wieder auf einem anderen Blatt. VOLKER SCHEUNERT, Hamburg

Wenn ein Wolf ein Schaf reißt

■ betr.: „Dem Himmel so nah“, taz vom 1. 10. 13

Zunächst war ich sehr gespannt auf den Artikel, vielen Aspekten darin stimme ich auch zu. Aber einigen Punkten des pauschalen Rundumschlags muss ich doch widersprechen. Insbesondere der Aussage, dass Umweltschützer die Tiere von ihren Weiden vertreiben wollen. Sicherlich wird eine intensive Beweidung teilweise kritisch gesehen. Aber viele Naturschutzvereine unterstützen und fördern die extensive Schafbeweidung ausdrücklich. Gerade weil dadurch der Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten einst geschaffen wurde und heute erhalten wird.

Auch den Seitenhieb auf den Wolf möchte ich nicht unkommentiert lassen. Es ist sicherlich eine Herausforderung, mit der Rückkehr des Wolfes in Deutschland umzugehen, und es ist für Schäfer auch ärgerlich, wenn ein Wolf ein Schaf reißt. Aber die Bundesländer, in denen der Wolf wieder da ist, bieten Möglichkeiten zur Entschädigung. Auch die taz berichtet beispielsweise über das sächsische Wolfsmanagement. Zudem gibt es in anderen europäischen Ländern, in denen der Wolf nie ausgestorben war, bis heute ungleich mehr Schafe als in Deutschland. Das zeigt, dass ein Miteinander durchaus möglich ist. JULIA GOMBERT, Meiningen

Das Fossil Abitur abschaffen

■ betr.: „Schüler in sechs Ländern proben das Zentralabitur“,taz vom 2. 10. 13

Vor knapp 200 Jahren hat eine leicht anders als heute geartete obrigkeitlich-preußische Gesellschaft das Abitur als Beleg für den Abschluss eines privilegierten und natürlich auch privilegierenden Bildungsgangs eingeführt.

Anstatt über Spielarten des Abiturs nachzusinnen, sollte intensiv darüber nachgedacht werden, dieses Fossil endlich abzuschaffen, weil es in einer modernen und manchmal auch egalitären, demokratischen Gesellschaft nichts mehr zu suchen hat. Dieser Einsicht wird allenthalben schon dadurch Rechnung getragen, dass in zunehmendem Maße das Abitur an sich als Qualifizierungsinstrument obsolet wird, die Hochschulen eigene Aufnahmeprüfungen veranstalten oder zunehmend einzelne Noten aus dem Abizeugnis nachfordern, weil sie eine allgemeine Hochschulreife durch das Abitur nicht mehr attestiert finden. Also, weg mit dem unfassbar aufgeblähten Wasserkopf des Abiturs, dessen Aussagekraft sich null nähert und her mit einer engeren Kooperation zwischen Schule und Hochschule und daraus folgernd Aufnahmeprüfungen der Universitäten. Wenn das dann eines fernen Tages Baustein eines neuen, zukunftsorientierten Bildungssystems ist, das beginnend bei den Kitas inklusiv und demokratisch bis zum Eintritt in den Ruhestand reicht, dann hätte Bildungspolitik ihr Reifezeugnis erlangt – und das ganz ohne Abitur!

BALDUR V. BERLEPSCH, Bremen

Aufräumen und neu gestalten

■ betr.: „Demokratie ist kein zu weites Feld“, taz vom 28. 9. 13

Den Hauptgedanken finde ich sehr richtig und äußerst wichtig; allerdings bleibt auch in diesem Artikel einiges auf diesem Feld liegen. Es gibt auf dem wirtschaftlichen Feld einiges aufzuräumen und eventuell neu zu gestalten. An diesem Hindernis scheitern die bürgerlichen Linken (und mit ihnen die SPD und Grünen): Es gibt mittlerweile ja sogar schon eine marktkonforme Wirtschaftsalternative, nämlich die „Gemeinwohlökonomie“ des österreichischen Wirtschaftsjournalisten Christian Felber. Mindestens mit dieser muss sich jeder auseinandersetzen, der ernsthaft Merkels Alternativlosigkeit begegnen möchte. SABINE MANN, Saarbrücken

Wer auf der Strecke bleibt, ist egal

■ betr.: „Neue Runde im Haushaltsstreit“, taz vom 30. 9. 13

Die Tea-Party versammelt christliche Fundamentalisten, die ein anachronistisches Familien- und Gesellschaftsbild durchdrücken wollen. Wie allen Fundamentalisten ist es ihnen egal, wer dabei auf der Strecke bleibt. Bei den Islamisten wird dies richtig gesehen, bei den Christen eher nicht. Vielleicht sollte sich dieser Blick mal ändern und aller religiöser Fundamentalismus gleich behandelt werden.

CATHRIN RAMELOW, Berlin