: Der Tag der verpassten Chancen
Erneut war für Hertha BSC mehr drin: Gegen müde Gladbacher schafften es die Berliner am Samstag nur mit viel Mühe, ein mageres Unentschieden zu retten – trotz teilweise erdrückender Überlegenheit
AUS MÖNCHENGLADBACH DANIEL THEWELEIT
Selbst in der entscheidenden Phase, in der sich die Fußball-Bundesliga gegenwärtig befindet, sind Ergebnisse manchmal nicht das Wichtigste für die Klubs. Hertha BSC versucht mit aller Macht, den fünften Platz zu erreichen: Der Klub will an die lebenswichtigen Geldquellen des Uefa-Pokals kommen, spielte Borussia Mönchengladbach am Samstag phasenweise an die Wand – und trotzdem konnte Trainer Falko Götz sich über das magere 2:2 am Niederrhein freuen. „Dieser Punkt kann goldwert sein, wenn wir jetzt Leverkusen schlagen, dann sind wir auf dem fünften Platz“, sagte Götz nicht unzufrieden. Damit brachte er die Berliner Befindlichkeit nach dem doppelten Punktverlust gegen ganz schwache Gladbacher auf den Punkt.
Dass bei der Hertha gegenwärtig eine Neigung zum Glücklichsein grassiert, hat allerdings komplexere Gründe: Das Team scheint wieder zu funktionieren, es spielt ansehnlichen Fußball. Dieter Hoeneß wirkte daher befriedigt und bestätigt. Denn die Ursache der langen Serie der Sieglosigkeit aus dem Winter habe ihre Ursache in der Mannschaft gehabt, erklärte der Manager. „Hätten wir den Trainer gewechselt, dann hätten wir einen neuen Trainer gehabt, aber das Problem wäre nicht gelöst gewesen.“ Diese Grundlagen der Erfolglosigkeit – es soll sich um Störungen in der hierarchischen Struktur des Kaders handeln – sind offenbar erkannt und aus der Welt geschafft.
In Mönchengladbach konnte das Team sogar die frühen Auswechslungen von Dick van Burik (Muskelfaserriss) und Yildiray Bastürk, des seit Wochen besten Herthaners (Muskelverhärtung), verkraften. Bastürk hatte zuvor noch das frühe Eigentor von Sofian Chahed ausglichen, doch auch ohne ihn und mit einem weiterhin nur durchschnittlich spielenden Marcelinho brachte die Mannschaft eine sehr gute zweite Hälfte zustande. „Uns fehlte nur der Instinkt, das Ding klar zu machen“, meinte Hoeneß. Das Team hatte ein halbes Dutzend bester Chancen, mit 2:1 in Führung zu gehen, lag dann aber plötzlich selbst mit 1:2 hinten. Thomas Broich war nach einer Ecke völlig ungedeckt am langen Pfosten aufgetaucht (82.). Kovac gelang am Ende doch noch der wertvolle Ausgleich. „Es wäre der Hohn gewesen, wenn die gewonnen hätten“, befand Hoeneß.
Falko Götz erwartet nun „ein richtiges Endspiel“ gegen Leverkusen am Dienstag in einer Woche. Fünf Tage später folgt gleich das nächste große Heimspiel gegen den HSV, bevor die Hertha am letzten Spieltag nach Nürnberg muss. Man merkte den Beteiligten an, dass sie sich wirklich freuen auf diese spannende Schlussphase der Saison. „Wir erwarten zwei große Spiele im vollen Stadion“, erklärte Hoeneß.
Wütend war nur Arne Friedrich. Denn aus dem Spiel hatte seine Defensive nicht eine einzige Torchance zugelassen – es waren zwei Standardsituationen, die den Gladbacher Toren vorausgingen. „In diesen Momenten waren wir zum wiederholten Mal unkonzentriert“, so Friedrich. An die Tatsache, dass die Partie gegen Leverkusen richtig schwer werden könnte – immerhin ist Bayer die beste Rückrundenmannschaft –, mochte bei der Hertha jetzt noch keiner denken.
So schön es ist, dass man das Erreichen des Uefa-Cups in der eigenen Hand hat, so sehr war dieses Wochenende für die Berliner auch ein Spieltag verpasster Gelegenheiten. Denn in Wahrheit hat sich die Situation verschlechtert. Hoeneß muss vielleicht bald tun, was er nach diesem 2:2 noch nicht wollte: an den UI-Cup denken. „Unser Ziel war von Anfang an Platz 5“, sagte er. „Warum sollte ich dann über Platz 6 reden?“